Neues aus der Anstalt: Konzept-Rock!


"Nicht weniger als ein großes Stück Kunst"? Kasabian kredenzen mit ihrem kommenden dritten Album einen modernen Meilenstein in Sachen Konzeptalbum. Doch, wirklich!

Die Fahrt: eine halbe Stunde im Bummelzug von London nach High Wycombe, dann zehn Minuten Taxi. Der Ort: eine Farm, versteckt hinter einem automatischen Gusseisentor am Rand eines idyllischen One-Pub-Nestes. In diesem Residenz-Studio hatten sich Oasis zehn Jahre lang eingemietet. Jetzt proben hier Kasabian – die britische Lieblingsband der Gallaghers – für die Tou rnee, mit der sie ihr drittes Album WEST RYDER PAUPKR LUNATIC ASYLUM mit Pauken und Trompeten und beinhartem Rock’n’Roll feiern wollen. Sänger Tom Meighan bringt die Meinung der Band zu dem Werk, das am 8. Juni erscheinen soll (Rezension im nächsten Heft), gleich mal knackig auf den Punkt: „Also, wenn du mich fragst, ist das nicht mehr und nicht weniger als ein tolles Stück Kunst.'“, hebt er an und lehnt sich dem Fragesteller vors Gesicht, als verbiete er sich jegliche Widerrede: „Diesmal haben wir nicht hetzen müssen. Wir haben uns ein ganzes Jahr Zeit genommen. Darum ist das Album so verdammt frisch und kraftvoll und pulsierend und futuristisch und überhaupt total … heutig geworden!“ Wie oft hat man solche Sprüche schon gehört? Aber Meighan liegt nicht so falsch. WEST RYDER PAUPER LUNATIC ASYLUM ist tatsächlich ein vitales Konzeptalbum mit Highlights zuhaut. Die Stimmung reicht vom Gorillazhaften „Where Did The Love Go“ über den Biker-Sound von „Swarfiga“, den Electro-Garage-Surf von „Fast Fuse“ zum trip-hoppigen „West Rider And Silver Bullet“ und zum Primal-Scream-/Giorgio-Moroder-Groove von „Fire“. Der Ausgangspunkt war die Entdeckung einer alten 60s-Perle, dem Konzeptalbum S.F. SORROW von den Pretty Things. „Dieses Album hat uns mächtig beeindruckt“, erklärt Songschreiber Serge Pizzorno: „Am meisten mögen wir daran dieses Gefühl von Freiheit. Das Gefühl, dass man sich mit dem Album auf eine Reise begibt.“ Pizzorno: „Heute wird von einer Band erwartet, dass sie mit ihrem dritten Album zur Reife findet, brav die nötigen Popsingles schreibt und sich in U2 verwandelt. Scheißlangweilig! So vergeudet man die Kraft von Musik. S.F. SORROW hat uns inspiriert, dagegen zu rebellieren.“

Für die Story hat Pizzorno in die Geschichte der Psychiatrie gegriffen – das reale „West Riding Pauper Lunatic Asylum“ in der Grafschaft Yorkshire war die erste psychiatrische Klinik für Arme in Großbritannien. In seinem winzigen Heimstudio komponierte Pizzorno die Songs, zu SO Prozent wurden sie daheim in Leicester auch aufgenommen. Dann ging’s nach San Francisco, wo Studiozauberer Dan The Animator ihnen den letzten Schliff verpasste. „Wir brauchten vor allem ein neutrales Ohr“, sagt Pizzerno. “ Und Dan hat Tom ein paar tolle Gesangs-Tracks entlockt. Tom ist ja mein guter Kumpel, und es ist schwer für mich, im Studio objektiv zu bleiben und ihm meine Meinung zu sagen.“ Noch eine kurze Erklärung des Konzeptes? „Die Idee ist, dass jeder Song für einen Insassen in dem Irrenhaus steht, der durch die Korridore wandelt und in seinem Kopf ein ganz anderes Leben führt“

CD-Beilage: WEST RYDER EP

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