Norah Jones: New York, City Stage
Fühlt euch nur wie zu Hause: Grammy-Wumme Jones verwandelt eine Ballettschule in eine Insel der Glückseligkeit.
Normalerweise proben im City Stage an der 19th Street West die Ballett-Studenten der „Students Dance Academy“. Heute ist alles anders: Die Schüler sind verbannt, der Raum ist hergerichtet wie für ein „MTV-Unplugged -Konzert, roter Samt hängt an den Betonwänden, statt der Neonröhren tauchen Tiffanylampen und 70s-Lüster den Raum in warmes Licht. Um die Bühne in der Mitte sind nicht mehr als 80 Leute gruppiert, und dann, plötzlich und wie aus dem Nichts, steht Norah Jones auf der Bühne. Schüchtern blinzelt sie ins Publikum, klettert gleich hinter das Piano, als suche sie dort Schutz. Nervös sei sie vor jedem Konzert, sagt sie. aber beim heutigen Showcase ganz besonders. Schließlich spielt sie das erste Mal die Songs ihres neuen Albums feels like home live vor Publikum. Und:
.Es ist das erste Mal seit sechs Monaten, doss ich mit meiner Band überhaupt wieder auf einer Bühne stehe. Ein Gefühl, das ich vermisst habe. „Der Titel des neuen Albums sei also in zweierlei Hinsicht Programm, so die gebürtige New Yorkerin.
Der erste Song des Abends, die Single „Sunrise“, ist kaum verklungen, da frisst ihr das Publikum, darunter ihr Produzent Arif Mardin und „Blue-Note“-Chef Bruce Lundvall, bereits aus der Hand. Die neuen Songs fügen sich nahtlos an ihr mit acht Grammys überhäuftes Debüt come away with me von 2002, das sich mittlerweile fabelhafte 16 Millionen mal verkauft hat. Vielleicht etwas weniger jazzig kommen die neuen Stücke daher, Blues-, Country- und Pop-Elemente sowie ein Schuss Singer-Songwriter-Attitüde sind aber weiterhin die dominanten Zutaten. Die Metamorphose vom nervösen Huhn zum souveränen Star vollzieht sich bei Norah Jones innerhalb des ersten Songs. Danach merkt man vorrangig die Lust und die Leidenschaft, die sie und ihre Band verbindet, vor allem bei der Coverversion von Tom Waits‘ „The Long Way Home“ oder dem Song „Don’t Miss You At All“, der auf einem Duke-EUington-Fragment basiert, zu dem Norah den Text geschrieben hat. Adam Levy und Kevin Breit an den Gitarren, Andrew Borger hinter den Drums, Daru Oda, die ehemalige Tourmanagerin, an den Keyboards, und Bassist Lee Alexander lassen keinen Zweifel aufkommen, dass Norah Jones allein zwar ein Star sein mag, aber erst mit ihrer Band komplett ist. Die elf Titel, die sie spielt, sind fast ausschließlich neu: „In The Morning“, „Humble Me“ oder „Creepin‘ In“ wirken in ihrer warmen akustischen Ummantelung wie dem New Yorker Winter trotzende Inseln der Glückseligkeit. Lässt sich nach dieser knappen Stunde ein Fazit ziehen, dann dieses: Die Reise mit Norah Jones wird weitergehen, auch ohne Grammysensation.