O.M.D.
„Ich werde mich allmählich mal auf eure verdammten Gehaltslisten setzen lassen“, schmunzelt OMD-Beau Andrew McCluskey, als wir zum berüchtigten Blind Date in die Münchner Alabamahalle anrücken. Grund für die überraschende Forderung war wohl die Tatsache, daß keine drei Wochen vor unserem Termin der britische Melody Maker den schönen Mann mit einer ähnlichen Aufgabe betraute. Doch Andy läßt keinen Zweifel daran, daß ihm dieser „Job“ – wenn auch unbezahlt – eine Menge Spaß macht: „So kann ich in komprimierter Form auf einer stressigen Tour die wichtigsten Neuerscheinungen hören. Los, fang‘ schon an…“
Depeche Mode: „Master & Servant“
„Ich muß mich immer wieder über Depeche Mode wundern. Als Vince Clarke die Gruppe verließ, dachte ich, daß damit die Luft wohl raus wäre; doch damit lag ich ja nun wirklich falsch. Und dann verstehe ich den Erfolg der Band gerade hier in Deutschland nicht: Das ist doch ziemlich untypischer Sound für den breiten Publikumsgeschmack hier, oder? Keine Frage, ‚Master & Servant‘ ist ein vorprogrammierter Riesen-Hit!“
John Waite: „Restless Heart“
„Brr! Ich habe die Eagles immer gehaßt! Ganz gleich, wer das ist, es ist schrecklich! John Waite? Hm, ich konnte verstehen, daß ‚Missing You‘ die Nummer eins der US-Charts war, hatte irgendwie eine ganz gute Atmosphäre; aber wenn das die Nachfolge-Single ist, sehe ich schwarz …“
Apollonia 6: „Sex Shooter“
„Wer ist das? Apollonia 6? Na ja, ich dachte schon, daß die was mit diesem Prince zu tun haben. Mag ich eigentlich überhaupt nicht. Da trällern drei Mädchen in Reizwäsche was von Sex – und schon stürzen sich alle drauf. Es ist einfach nur billig. Aber dieser Prince kann momentan ja ohnehin machen, was er will – er und sein ganzer Clan, sind eben angesagt. Wart‘ mal den nächsten Sommer ab…“
Aztec Camera: „Jump“
„Ahh, hat James Taylor wieder seine Akustik-Gitarre ausgepackt? Ich weiß nicht, ob das eine Parodie sein soll oder nicht; jedenfalls ist es um ein gutes Stück besser als dieses gräßliche Original! Aber wer zum Teufel ist das? Aztec Camera? (lacht). Ha. ich glaube, Roddy Frame hat zu lange an der Westküste in der Sonne gelegen…“
Hall & Oates: „Dance On Your Knees/Out Of Touch“
„Sichere Top-Ten-Plazierung in den Staaten! Die absolut passende Musik zum Autofahren, Abwaschen, Bügeln und so weiter. Hall & Oates? Das sind wirklich clevere Jungs! Die machen jeden Trend mit und behalten trotzdem immer ihre Identität. Find‘ ich gut, obwohl ich sicher nicht gleich losrennen werde, um die Scheibe zu kaufen…“
Heaven 17: „Five Minutes To Midnight“
„Heaven 17 ist die Tanzband mit den kompliziertesten Rhythmen! Was die mit ihrem Schlagzeug-Computer anstellen, ist einfach fabelhaft. Dann die Sound-Gimmicks, der Aufbau der Nummer… besser geht’s nicht! Die ganze LP ist Pflicht für jeden Plattenschrank, der Anspruch auf ein bißchen Geschmack haben will.“
Die Ärzte: „Paul“
„Da weiß ich natürlich nicht, wer sich dahinter versteckt. Allerdings verstehe ich ein bißchen deutsch und frage mich deshalb, ob es allzu sinnvoll ist, einen Song über einen Bademeister zu machen… Was die Musik angeht, kann ich da nur einen Vergleich anbieten: Stell dir vor, das ist englisch gesungen und erscheint als Single in Großbritannien. Da würden wohl alle sagen: ‚Is‘ ja ganz nett, aber leider ein paar Jährchen zu spät…'“
Malcolm McLaren: „Madame Butterfly“
„Mein absoluter Favorit! Die Idee, das Konzept, das Arrangement – da gibt’s einfach nichts zu nörgeln. Wenn der Malcolm ein halbwegs anständiges Video dazu fabriziert (hat er nicht! – Anm. d. Red.), steht dem Hit nichts mehr im Wege. Ich freue mich auf das Album!“
Bronski Beat: „Why“
„Jimmy hat eine wirklich tolle Stimme, sehr originell! Aber ob das lange gut geht? Ich hatte noch nicht die Gelegenheit, die gesamte LP zu hören, aber ich kann mir vorstellen, daß sich der Effekt seines Falsettes sehr schnell abnutzt.“
Sade: „Smooth Operator“
„Obwohl ich hier ein trendgemäßes Sakko trage – ich gehöre leider nicht zur Fashion-Szene. Ich lese auch nur ganz selten The Face und fahre auch keinen Mercedes 190E, wo ich eine Sade-Cassette einschieben könnte. Falls mir mal der Sinn nach solcher Musik stehen sollte, werde ich mich lieber an die Originale halten. Und das steh‘ ich ja offensichtlich nicht alleine da: Die wiederveröffentlichte Stan Getz & Astrud Gilberto-Single „Girl From Ipanema“ war ja gerade in den britischen Charts!“