Old Canadian sexorgies, where are you now?


Auf der Suche nach dem Underground sind Metric fündig geworden - und sie haben keine Angst vor dem Wort "Protestsong".

„Old World Underground, where are you now? „

Das war die Frage, die Metric vor drei Jahren im Titel ihres Debütalbums stellten, und sie war bitter ernst gemeint: Wo ist dieser Underground, wo ist dieses romantische Ideal einer solidarischen, kreativen Subkultur, wenn man sie in Zeiten persönlicher, künstlerischer und politischer Einzelkämpferei, Unsicherheit und Wettbewerbsideologiebraucht? „Wir warenfrustriert von der Geradlinigkeil der Welt“, sagt Sängerin Emily Haines. „Wir sind unendlich weitgereist, immer in der Hoffnung, irgendwo eine musikalische und künstlerische Gemeinschaft zu finden – und dann stellte sich heraus, daß es sie genau dort gab, wo wir begonnen hatten.“

Und das war Toronto, Emilys Heimatstadt, in der sie mit dem New Yorker Gitarristen immy Shaw einst Metric gegründet hatte und die nun bei ihrer Rückkehr nach zweijähriger Nonstop-Tour zur bunten, umtriebigen, behaglichen Pop-Idylle erblüht war. Um Bands wie Stars, The Dears und Death From Above 1979 ist eine Szene entstanden, die den familiären Zusammenhalt pflegt, den Jimmy und Emily so lange vermißten – heute sind beide Mitglieder des Broken-Social-Scene-Kollektivs, und auch Metric-Bassist Josh Winstead ist begeistert von der Intimität der Subkultur von Toronto: „Es war aufregend zu sehen: Wow, das ist wirklich wahr, das sind alles alte Freunde, die zusammen Musik machen, zusammen Partys feiern. Und“, fügt er zur Belustigung seiner Kollegen grinsend hinzu, „zusammen Sex haben,große Sex-Orgien!“

Der Stilvielfalt der kanadischen Metropole fügten Metric mit ihrem Debüt, das erst jetzt in Deutschland erscheint, 2003 einen Schuß New Wave hinzu – lang bevor das Genre wieder zum State of the Art erklärt wurde. Jetzt aber, wo es schick und modern wäre, sich auf die frühen 80er zu beziehen, biegen Metric mit ihrem zweiten Album LIVE IT OUT wieder mehr in Richtung Rock ab. „Vielleicht“, sagt Jimmy Shaw augenzwinkernd, „sind wir diejenigen, die die Trends für all die anderen auslösen – und dann gehen wir weiter und machen was anderes.“

Dabei kommen dann Songs wie „Monster Hospital‘ heraus, einer der zwingendsten lndiehits der Saison, der mit der Refrainzeile „Ifought the warbut the war won“ politisches Bewu ßtsein demonstriert. „Ich glaube n icht, daß wir eine sehr politische Band sind“, wehrt Shaw ab. „Wir reagieren einfach als Bürger dieser Zeit.“Trotzdem haben Metric absolut nichts dagegen, das Stück als Protestsong bezeichnet zu sehen. „Das ist ein Aspekt unseres Lebens“, sagt Josh Winstead, „und wenn jemand das als Protestsong verstehen will: Please do!“