Orientalisch durchwirkt


Wer gut gekleidet ist, entscheidet Wäis Kiani. Heute vor dem Stilgericht: Prince

Es gibt Menschen, die altern einfach nicht. So wie Dorian Gray und Prince. Der – das war bei seinem einzigen Konzert in Berlin vor einigen Wochen eindeutig für jeden erkennbar – sieht immer noch genauso aus wie 1984, als er den gigantischen Durchbruch mit seiner Platte Purple Rain hatte. Wer ihn je in echt gesehen hat, so wie ich 1989 bei einem Mini-Konzert im Münchner „P1“, ist erstaunt, wie klein, ja geradezu WINZIG dieser Mann ist, der zudem auch noch einen opulenten Rüschenhemd-Brokatblazer-Style sein eigen nennt. Aber komischerweise denkt niemand bei seinem Anblick „Zwerg“ oder „schwul“. Prince darf kleiner sein als die meisten Frauen und sich anziehen wie ein libanesisches Wohnzimmerfenster und ist dennoch mehr Mann als die meisten, die sich nicht mehr Dekoration als eine Bierdose erlauben, sich zu wünschen wagen.

Damals in den Neunzigern hat sich sein spezieller Style – neben seiner Musik – rasend schnell im Nachtleben etabliert, denn seine Kleidung, die mehr an Partys in Versailles erinnerte als an Disco, wurde von dem 90s-Superlabel Dolce & Gabbana für die Catwalk-Looks aufgegriffen und fand somit leicht den Eingang in unsere Kleiderschränke. Und so tanzten wir fortan viel zu warm gekleidet auf Tanzflächen und mussten entsetzlich schwitzen, bis wir irgendwann das fies-enge Jackett in eine Ecke stopften. Denn damals war es noch heiß, schwitzig und verraucht in den Clubs, so wie es sich gehört.

Auch wenn dieser begnadete Mensch irgendwann seinen Namen verlor und nicht mehr genau wusste, wer er nun war und wie er hieß, seinen Style hat er behalten. Gradlinig und superprincig und ohne jegliche Zweifel.

Heute, 26 Jahre später, sieht Prince irritierenderweise immer noch genauso aus wie damals, als hätte er sich konservieren lassen: klein, stark, sexy. Ohne Glatze und Bauch, wie es sich gehört. Und immer noch anders, aber auch immer noch vorn. Denn warum haben Designer wie Balmain und Rochas genau jetzt wieder die Rüschenhemden und die Samt- und Brokatjacketts in ihren Kollektionen wie Prince sie uns bei „Purple Rain“ und „Sign O‘ The Times“ zeigte? Und warum schreibt die „Vogue“ dazu hysterisch: „Von der Bühne auf den Laufsteg!“ Weil eben immer nur einer das Rad erfinden kann.

PS: Merkwürdig ist es trotzdem, wenn ein Mann sein eigenes Cover auf der Brust trägt. Aber Prince darf das. Fragt mich bitte nicht, warum.

Wäis Kiani

Die Mode-Kolumnistin und Bestseller-Autorin („Stirb, Susi!“) schreibt und lebt in Zürich.