Ostalgie pur


Das legendäre Label Amiga feiert seinen 50. Geburtstag - und erinnert mit einer CD an den Sound der DDR.

Kaum acht Jahre nach der Wiedervereinigung steht aus gegebenem Anlaß – dem 50. Geburtstag von Amiga – die Liedervereinigung ins Haus. Aber blenden wir zuerst ein paar Jahre zurück, in eine Zeit, in der alles noch schwer verboten war… Am Anfang war der real existierende Sozialismus und sein staatlich kontrolliertes Liedgut. Man sprach und sang deutsch jenseits des anti-imperialistischen Schutzwalls, abgeschirmt von der westlichen „Müllkultur“ und „der Monotonie des jeh.jeh jeh und wie das alles heißt“ (Walter Ulbricht). Die Heimat des Ostrock hatte einen Namen: Amiga-die beste, beliebteste, gelobteste, gehaßteste, verfluchteste, kultigste, weil einzige Plattenfirma des Arbeiter- und Bauernstaates. Das Monopol-Label veröffentlichte alles, was in der DDR rockte, schlagerte, volkstümelte oder jazzte und zu den Auserwählten gehörte, die den Weg auf Vinyl und in die volkseigene Hitparade finden durften. Honecker und Co. sind inzwischen Geschichte, Amiga existiert weiter – unter dem Dach der Bertelsmann Music Group (BMG) – und feiert in diesem Jahr sein sojähriges Jubiläum. Also hoch die Tassen zum Jubelfest der besonderen Art. Illustre Musiker aus dem ehemaligen Osten und Westen folgten dem Ruf der Vergangenheitals das Label im April diesen Jahres dazu aufforderte, sich aus den 30.000 Titeln des Amiga-Archives ihren persönlichen Liebling herauszupicken. Und so wurden sechzehn alte DDR-Hits, -Schlager und -Schnulzen a Is schöne, schräge, melancholische, witzige Coverversionen auf der Compilation „Und wir gingen auf uns zu“ wiedergeboren. Andreas Dorau, Stoppok, Dieter Birr, Purple Schulz & Anne Haigis, Die Zöllner, die Fast Food Cannibals, IC Falkenberg und Creme 21 erlagen der Faszination ehemaliger Ostrock-Helden wie Puhdys, Pankow, Holger Biege, Karussell und der 1975 vom Kulturamt Leipzig schlicht für „nicht mehr existent“ erklärten Renft. Rosenstolz und Rockhaus huldigten mit ihren Versionen von „Wir tanzen Tango“ und „Du hast den Farbfilm vergessen“ Nina Hagen. Und während der sächsische Weltmeister im Gewichtheben, Marc Huster, in „Casablanca“ Rap-Talent offenbart, entlockt die Jazzkantine selbst der spröden Titelmusik der DDR-Nachrichtensendung „Die Aktuelle Kamera“ ungeahnt luftige Frische und Witz. Selbstverständlich darf auch Karats ultimative Ost-West-Hymne nicht fehlen: „Über sieben Brücken“ sorgt dank Peter Maffay & Herbert Dreilich für feuchte Augen. Stellvertretend für die Kollegen sinniert Pankow-Frontmann Andre Herzberg:“Vieles von dieser alten DDR-Musik klingt für mich – obwohl ich ja selbst da gelebt habe -wie aus einer anderen Welt voller Melancholie und Fremdheit. Aber es hat auch Charme.“ Oder wie Udo mit dem Hut, stets „Verbündeter im Friedenskampf, in seinem Grußwort feststellt: „…damals war alles schwer verboten und jetzt ist jetzt. Ich wünsche Amiga eine grandiose Zukunft mit unbeschreiblich geiler Musik.“ ME/Sounds hat dem nichts hinzuzufügen.