Pathos und Tränen – offizielle Olympia-Hymnen von 1984 – 2014


Am 7. Februar wurden die Olympischen Winterspiele in Sotschi eröffnet. Wir zeigen Euch alle offiziellen Olympia-Hymnen von 1984 - 2014.

Es ist ein Staffellauf von Pathos-Hymnen und Sieges-Melodien. Seit 1984 geben sich offizielle Olympia-Songs das „Zepter“ für den ultimativen Soundtrack der Olympischen Spiele „in die Hand“. Da wird gepusht, da werden die Hände in die Höhe gehoben, da wird geweint und gefeiert, da trifft Musik auf Sportsfreunde der Superlative. Ob die Interpreten der Olympia-Songs ebenso zu einer Art Superlative gehören, ist fraglich.

Giorgio Moroder spielte 1984 erstmalig Papa Pathos und motivierte die Sportskanonen mit dem Refrain „Reach Out for the medal„. 1988 knüpfte selbiger mit „Hand In Hand“ in Korea an und drückte nach dem Ellenbogen-Song ein bisschen auf die „Gemeinsam-sind-wir-stark-Drüse“, obwohl bei den Olympischen Spielen sicherlich keiner Hand in Hand ins Ziel laufen will. Vielleicht ließ er den Song auch deswegen von dem koreanischen Duo Koreana singen.

1984 Los Angeles: Giorgio Moroder – „Reach Out“

1988 Seoul, Korea: Koreana – „Hand in Hand“

Inoffiziell und dennoch offiziell bevorzugt wurde dann aber Whitney Hustons „One Moment In Time“. Das war dann auch der Moment, in dem der wohl aufgequollenste Pathos-Song zur Dauerhymne schweißgetränkter Olympia-Strapazen wurde, und bei dem jeder Zuschauer zwecks emotionaler Strapazen ebenfalls ins Schwitzen kommt.

Whitney Houston – „One Moment In Time“

Bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona sollten die Biergläser mit Gesängen von Opernsängerin Caballé gesprengt werden. Freddie Mercury sorgte unterdessen für Queen-Euphorie und Imposanz. Der Song „Barcelona“ von Freddie Mercury & Montserrat Caballé stand schon länger als Hymne fest. Auch wenn Mercury 1991 verstorben ist, wurde der Song gespielt, die Eröffnungszeremonie bespielte dann allerdings Sarah Brightman und José Carreras mit „Amigos para siempre“. Die musikalischen Umstände schienen von da an von einem Quälgeist kuratiert worden zu sein. „Amigos para siempre“ treibt einem heute noch Tränen in die Augen. Allerdings nicht, weil die Olympischen Spiele in Barcelona besonders schön waren, sondern weil Sarah Brightman und José Carreras ja gerne Freunde für immer sein können, aber doch bitte nicht mehr gemeinsam einen für alle Ohren nahezu unumgänglichen Song in die Welt setzen sollten.

1992 Barcelona I: Freddie Mercury & Montserrat Caballé – „Barcelona“

1992 Barcelona II: Sarah Brightman und José Carreras – „Amigos para siempre“

Gloria Estefan peitschte 1996 in Atlanta wieder mit dem Streber-Titel „Reach“ die Teilnehmer an und sinnierte über ungeahnte Kräfte ohne Hilfsmittel. Allein der Refrain „If I could reach, higher / Just for one moment touch the sky / From that one moment in my life.“ sollte sie freisetzen.

1996 Atlanta: Gloria Estefan – „Reach“

Mit Tina Arenas „In Flame“ für die Olympischen Spiele 2000 in Sydney hat ein Kinderchor den Emo-Pegel weit ausschlagen lassen. „Today we will show who we are / We are the earth“ – und seit 1985 waren wir ja auch dank Michael Jackson schon „the world“ und „the children“. So war „We Are The World“ sicherlich einer von Arenas Alltime-Favourites.

2000 Sydney: Tina Arena – „In Flame“

Und in diesem Jahr ist alles anders und doch irgendwie ähnlich – mit Muse und ihrem offiziellen Olympia-Song 2012 „Survival“. Während sich alle Vorgänger (bis auf einen) eher in die Liga von Grand-Prix-Hits mit einer doppelten Portion Pathos reihen, versuchen Muse eher an Freddie Mercurys Queen-Euphorie anzuknüpfen und zum Glück nicht in der Art über Leichen zu gehen, wie es Sarah Brightman und José Carreras mit ihrer Hymnen-Prothese 1992 taten.

2012 London: Muse – „Survival“

2014 Sotschi, Russland: Danielle Bradbery – „My Day“

Im Vorfeld und während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi hat es derart große Aufreger gegeben, dass die (inoffizielle) Titelmusik wohl noch mehr als sonst zum Beiwerk verkommt. Erst recht, wenn es sich dabei um ein Liedchen einer Castingshow-Gewinnerin handelt. Und zwar um Danielle Bradbery mit „My Day“.