Paul Weller: Utrecht, Vredenburg


DAS RIESIGE „NO SMOKING!‘-SCHILD WIRKT WIE Hohn. Die Vredenburg, ein malerischer Konzertsaal im Stile eines alten Audimax, liegt unter einer dichten Rauchwolke, deren süßlicher Duft sich in den Geruchsnerven der etwa 3000 Zuschauer festsetzt-wer nicht von der Musik berauscht wird, der braucht nur kräftig einzuatmen. Meister Weller bleibt das natürlich nicht verborgen. Er hat sichtlichen Spaß an einer ausgelassenen Menge, die ihn feiert, als hätte er das holländische Fußballteam gerade zur WM geführt. Der Modfather ist längst so etwas wie der Neil Young aller Endzwanziger: graumelierte Haare, brauner Teint, legeres Baumwollunterhemd, helle Jeans – ein dynamisches Erscheinungsbild, das neidisch macht. Zudem brilliert Weller als einfühlsamer Sänger und virtuoser Gitarrist. Der Sound ist glasklar, die dreiköpfige Band exquisit, die Lightshow schwer psychedelisch – mit fließenden Farbgebilden, konzentrischen Kreisen und dem britischen Hoheitszeiten. Bassistin Yolande, Drummer Steve White und Gitarrist Steve verfolgen Wellers Aktivitäten mit Argusaugen. Schließlich setzt er immer wieder zu spontanen Jams an („Stanley Road“), wechselt ans Piano („You Do Something To Me“) oder legt eine akustische Session auf der Takamine ein („Above The Clouds“). Der Gig dauert satte zwei Stunden, in denen Weller wirklich alles gibt – außer Songs, die aus der Zeit vor 1991 stammen. Dafür entschädigt ein ausgewogener Querschnitt durch seine Soloalben. Einzig die Stücke von „Wild Wood“ spart Weller aus. Auch „Heavy Soul“, sein jüngstes Epos, wird mit „Peacock Suite“, „Science“ und „Mermaids“ eher stiefmütterlich behandelt. Aus gutem Grund. Gegenüber dem alten Material nämlich fällt es merklich ab. Doch was soll’s. Selbst ein Genie hat mal schwächere Phasen. Nur nicht an diesem Abend. Da stimmt wirklich alles, vom Opener bis zur letzten Zugabe. Obwohl: Wäre es nicht so gewesen – einige der Anwesenden hätten es in ihrem Hanfdampf möglicherweise gar nicht bemerkt.