PHOENIX


Thomas Mars ist die höflichste Rampensau unter der Sonne. Die Franzosen verzücken ihre Fans mit einem „Best of“-Konzert.

Vorsatz oder Fauxpas? Bevor es losgeht, lullt man die Wartenden mit französischen Chansons ein. Dabei hat Sänger Thomas Mars doch charmant erklärt, wieso nach Serge Gainsbourgs HISTOIRE DE MELODY NELSON (1971) niemand mehr auf Französisch singen sollte: „Diese Album ist einfach perfekt.“ Apropos: Man fragte sich, ob die Band ihren kristallinen Sound auch live so fusselfrei herüberbringen würde wie auf ihren nunmehr fünf Studioalben? „When the record is done, it’s all about imperfection. It’s all about playing live“, so Mars schließlich einmal.

So viel sei verraten: Der Mann kokettiert. Alles folgt einer Dramaturgie: Zu Beginn erklingt klassische Musik. 2 697 der 2 700 Anwesenden rechnen damit, dass die Band daraufh in mit „Lisztomania“ von WOLFGANG AMADEUS PHOENIX einsteigt, aber: Sie starten mit „Entertainment“ vom neuen Album BANKRUPT! – dem Song mit dieser leicht nervigen Synthie-Melodie. Doch schon beim zweiten Song („Lasso“) wird klar, dass die Franzosen um die Sehnsüchte treuer Fans wissen: Und so spielen sie unter dem Juchzen anwesender Neo-Hippie-Schnecken sowohl „Too Young“ als auch „If I Ever Feel Better“. Ansonsten ist das Publikum angenehm Hipster-unverdächtig: Die coolsten Säue stehen auf der Bühne. Mars trägt ein hellblaues, eng anliegendes Hemd am schmalen Körper. Hübsch dazu: Das rote Mikrofonkabel, dass er sich ein ums andere Mal um den Körper wickelt.

Fast schon bedrohlich dunkel wird die Stimmung bei „Love Like A Sunset I“ und „Love Like A Sunset II“, die in der Kombi neuerdings unter „Sunskrupt!“ firmieren. Das Schwere, Dräuende, Instrumentallastige steht den vermeintlichen Leichtgewichten äußerst gut. Songin-Song scheint ohnehin beliebt zu sein: „Too Young“ kommt gemeinsam mit „Girlfriend“,“If I Ever Feel Better“ Hand in Hand mit „Funky Square Dance“ daher.

Mars legt seine anfängliche Schüchternheit ab und fordert das Publikum wiederholt auf a) richtig viel Lärm zu machen, b) die Hände nach vorne zu strecken, wie es der gemeine Rapper gerne tut und c) noch mehr Lärm zu machen. Er tut das auf gänzlich unprätentiöse Art, höflicher kann eine Rampensau nicht sein. Er kündigt „Trying To Be Cool“ mit den Worten an: „We are trying something new for you, if you don’t mind.“ Die Menge mindet es nicht, im Gegenteil.

Zur Zugabe nimmt Mars plötzlich, von einem nervösen Security Guard verfolgt, ein ausgiebiges Bad in der Menge, um anschließend mit Gitarrist Christian Mazzalai eine rührende Akustikversion von „Countdown“ zum Besten zu geben. Das Konzert endet, wie es begann: Phoenix spielen nochmals „Entertainment“. Mit Vorsatz, davon kann man ausgehen.