Phoenix: München, Elserhalle


Diese Band ist gar nicht so clever, wie es immer heißt, bzw. so clever, dass man gar nicht merkt, wie… Ach, lassen wir das und stürzen uns einfach ins Vergnügen.

Der Mann ist ein Handtuch. Doch das Handtuch hat Soul. Nicht diesen satten, stolzen, feierlichen Soul, der in den Kirchen der Südstaaten der USA Gott anruft oder aus breiter Brust selten weniger als endlose Liebe einklagt, sondern den nachdenklich-bescheidenen Soul eines blassen, schmalen Jungen aus Mitteleuropa. Thomas Mars swingt kaum merklich und sein ohnehin schon schmales T-Shirt füllt er gerade mal so aus. Hohle Wangen, null Volumen in der dünnen, kinnlangen Matte, die Knopfaugen mustern das vom ersten Ton an enthusiastische Publikum aufmerksam. Darin verlieren wird sich indes wohl kaum einerlei. Seine Rolle als Frontmann der ohnehin betont als musikalisches Kollektiv auftretenden Cleverpopper aus Frankreich versieht er so nebensächlich und linkisch, dass man es glatt übersehen kann: „Der hat ganz schön Charisma , muss einem dieweibliche Begleitung erst zuflüstern, damit man es merkt. Tatsächlich. Thomas Mars führt die Menschen mit zarter Hand, doch er führt sie in jeder Sekunde. Ab und an auch mittels direkter, aber nie hysterischer Animation; das alte Mitklatschspiel schickt uns hier nicht in die Südkurve, sondern gaukelt charmant jedem einzelnen Patschehänder vor. selbst funky wie nur was zu sein. Doch zumeist genügen Thomas zum Leiten und Lenken der Menschen in eine Welt, in der sich vermeintlich altmodische Melodieseligkeit und ein stets sehr präsenter Groove wie die Katzen umeinander streichen, eine Hand voll Gesten, sparsame Ausrufe der Verzückung in rock mitten hinein ins Karacho der sich augenblicklich ein weiteres Mal hymnisch entladenden Band. ein Lächeln, das auf ein kurzes, aus spontanem, glücklichen Kann-doch-nicht-wahr-sein gemachten Seufzen stößt und also meint: „Wow. was seid ihr toll heute Abend, und wir sind es auch! „Echt, keine Übertreibung! Phoenix führen ihr kurzes, dafür in einem Happs packendes Liveset auf wie andernorts alte, aber noch nicht zu zähe Hasen ihr Greatest-Hits-Programm. Sehr selbstverständlich, aber auch mit großem Spaß an der Sache. Der nie so ganz diamantenecht funkelnde 80s-Sound, derwahre Indiefreunde die beiden Phoenix-Platten noch immer nicht einmal mit der Feuerzange anfassen lässt, will sich nicht so ganz in die Konzerthalle übersetzen lassen. Das soll er aber auch gar nicht. Die um zwei Kollegen am Keyboard und am stetig und ständig mächtig schiebenden Schlagzeug verstärkte Band lässt live die Cleverness-Attitüde, die ihr als selten besonders wohlmeinender Ruf vorauseilt, stecken. Bevor eines Tages irgendwelche Steely Dan anhimmelnde Fachheimer ins Auditorium finden, um über den Brillenrand d’Arcy, Brancowitz und Mazzalai nur auf die Virtuositäten versehenden Finger zu starren, öffnen Phoenix in ihren Konzerten lieber die Garage. Mehr als einen Spalt. Oder sie werfen sich mitten hinein in Beckencrash-Classic-Rock-Outros, mixen sich live ihren eigenen Bastard-Pop, wenn sie ihrem Hit ‚If I Ever Feel Better‘ mit einem Foreigner-verdächtigen Riff noch einen drauf setzen, lassen im offensichtlich von Tour zu Tour ungebremst vor sich hin mutierenden „Sguare Dance‘ am Ende wieder den einen Monster-Riff im Raum stehen wie einen Hammer. Vor allem aber feiern Phoenix live eine Fete. Also doch: „La Boum“!