Rage


Heavy Metal in der Defensive. Nur Rage wissen Rat und trotzen allen Trends

Wie heißt es so schön, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. „Das war lange Zeit unser Problem: zur falschen Zeit mit dem richtigen Album herauszukommen“, Peter Wagner, kurz Peavy genannt, Bassist und Kopf der Heavy Metal-Gang aus Herne weiß mehr als nur ein Lied und Leid davon zu singen. Grunge ist inzwischen bettlägerig, die gute alte Tante Heavy Metal längst ein bis auf den Torso abgemagerter Schatten ihrer selbst, nur Rage tun gerade so, als könnte man mit einer Musik, die sich aus solchen Quellen speist, noch einen Hund aus dem Tierheim locken. Dabei hatten es Peavey & Partner selbst in der Hand, den Trend zu forcieren, als sie ab 1984, im Zuge aufkommender Metal-Manie auch in Deutschland, in den Chor nationaler Hoffnungsträger wie Accept oder Warlock einstimmten. „Doch unsere damalige Plattenfirma hat immer versucht, aus uns etwas zu machen, was wir gar nicht sind. Mit Reign Of Fear‘ von 1986 zum Beispiel wollten sie uns in die Thrash-Kiste stecken. Das ging soweit, daß bereits fix und fertige Songs übern Haufen geworfen wurden bis hin zur Cover-Gestaltung. Wir freuten uns schon riesig darauf, unsere neue Platte im Laden stehen zu sehen, mußten dann aber feststellen, daß sie ein gänzlich anderes Cover hatte. Diesen Zirkus machst du ein paar Jahre mit, dann hörst du auf, dich dagegen zu wehren“, resümiert Peavy die Zeit der faulen Kompromisse. Schade eigentlich, denn Rage hatten es mit ihrer unorthodoxen Metal-Melange schon lange vor Grunge und Konsorten verdient gehabt, sich einen Platz in der ersten Reihe zu sichern. Wenn da nur nicht das völlig abgedroschene Image der ‚guten-Menschen-aus-Herne‘ und der labelbedingte Eiertanz gewesen wäre… Wo andere ihre Instrumente längst ins Pfandhaus getragen hätten, glauben Peavy, Chris, Spyros und Sven auch heute, 1995, nach über zehn Jahren im Geschäft, noch unerschütterlich an die eigene Zukunft, die nicht zuletzt auf dem nunmehr zehnten Album ‚Black In Mind‘ ruht. Vor allem Peavy, der mit 16 als Gärtner begann, ehe er sich als Präparator mit toter Materie herumschlug, verzagt nicht, sondern gebärdet sich vielmehr kraft der Erfahrungen als Hüter des heiligen Metal-Grals. Und um auch ja keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, bietet er in den Songs namhafte Horror – und Fantasy-Autoren wie H.P.Lovecraft und E.A.Poe auf, um den Zug der Zeit zumindest für wenige Augenblicke auf ihr Gleis zu ziehen.