Ramones – Ramones


Juli 1976

Es gab damals so eine Legende: Wenn man „Chainsaw“ mit voll aufgedrehtem Lautstärkeregler hört, fetzt einem die Kreissäge am Anfang die Hochtöner durch. Das kam gut an: ein Rockalbum als „Gleichmacher“ – die Zielgruppe der Platte wußte sowieso nicht, was ein Hochtöner ist. und die anderen waren selber schuld, wenn sie sich nicht mit ihrem Boston- und Journey-Dreck begnügten. Die 1974 gegründete Band aus imaginären Brüdern aus New York Idie nur halb so blöd waren, wie sie aussahen, dafür doppelt so hinterfotzig) waren die wahrscheinlich erste und einzige Popgruppe aller Zeiten, die keine Vorbilder hatte – nur Vorlagen: Surfhits aus den Sixties. Doo-wop-Stoff aus den Fifties. Glam-Frisuren aus den frühen Seventies. Die drehten sie durch den Wolf, setzten sie neu zusammen und bretterten sie herunter wie eine irrgewordene Menschmaschine, ohne Schnörkel. Soli, sonstwas. „Ich kam drei Stunden nach den Ramones ins Studio“, erzählt Sire-Boß Seymour Stein über die Aufnahmesessions Anfang 1976, „und Johnny sagte, es laufe nicht gut. Sie hätten erst sieben Songs fertig.“ Es gab damals noch so eine Legende: Beim Versuch, die Songs anzumelden, sei der Verlag der Ramones gescheitert – „das sind keine Songs, bloß Fragmente! hieß es. Und was für Songs das waren! Komprimiert wie Weiße Zwerge (die 14 Tracks dauern 28 Minuten und 53 Sekunden!), zu 99,9 Prozent Pop-Essenz, knallten sie direkt ins Hirn, veränderten sofort die Persönlichkeit in Richtung Rinnstein-Donald-Duck und gingen nach dem ersten Hören nie mehr raus. Wen sie trafen, der/die ging geradezu zwanghaft selbst ans Werk: „Punkrock existiert, weil so viele Bands dachten, es sei leicht, die Ramones zu imitieren“, sagte irgendwann mal ein Plattenfirmenmensch und meinte damit hunderttausende „rotziger“ Pseudo-Krawallos zwischen Punk und Grunge. Fragt sich bloß, wieso es keiner dieser vielen Bands je gelungen ist, ein auch nur annähernd so grandioses Album wie dieses zustandezubringen. Genau betrachtet nicht mal den Ramones selbst.

Aufgenommen: an vier Tagen, Februar 1976, im Plaza Sound Studio. New York

Produzent: Craig Leon & Tommy Erdelyi

Beste Songs: „Blitzkrieg Bop“, „Judy Is A Punk“, „Now I Wanna Sniff Some Glue“

Höchste Chartsposition USA: keine