Rausch – Good Luck
Vollrausch ohne dicken Kopf danach zahlt sich aus: Der promillestarke Longdrink mit Psychedelic-Schuß aus Köln benebelte die Sinne der MÜV-Juroren.
Wer wagt, gewinnt. Die fünf Rauschmittel-Spezialisten mit gemeinsamer Wahl-Basis Köln trauen sich auf ihrem nunmehr dritten regulären Album einiges mehr als die Rock-Konkurrenz im eigenen Land. Sie haben den Mut, GOOD LUCK mit Lagerfeuer-Westernklampfe zu beginnen, die in dem Opener „Move Me A Mountain“ erst spät von sphärisch-beatlesken Chören geschwängert wird. Zusammen mit dem zweiten Song „Yeah Love“ ergibt das bereits die Glaubensoffenbarung der Band: “ Wir machen nur das, was wir wollen. Aber das machen wir richtig.“ Bei „Yeah Love“ heißt das: Sie spielen ein Lied lang auf nur einem Ton, ohne dabei auch nur eine Sekunde eintönig zu wirken. Von diesem Gegensatz — Mut zur Lagerfeuer-Melodie mit Psycho-Unterstützung gegen ultraharte Gitarrenrocker — lebt das ganze Album. Als konsequente Fortentwicklung des Vorgängers GLAD haben Rausch nun den Bogen endgültig raus — den Bogen zwischen den eher weit entfernten musikalischen Polen. Unterstützt wird dieser Zusammenhalt von der visionären Produktionsarbeit ihres Regisseurs/ Managers Paul Grau: Selten nur verläßt ein derart ausgeschiedener, durchhörbarer Edel-Sound mit Kanten am rechten Fleck ein Keller-Studio wie die Kölner Klongfobrik im Rausch-Headquarter. Wo sonst meist eingemachtes Hausgemachtes halbherziges Schulterklopfen der Marke ,für ’ne deutsche Band echt nicht schlecht“ erntet, können sich Rausch mit GOOD WCK ganz andere Orden ans Revers heften — allein für die surreale Verbindung von verschlüsselten Lebens-Botschaften (samt diverser lebensnaher Rauschmittel-Erfahrungen) mit den ausgefuchst-schweren Gitorrenarrangernents in den langsameren Stücken wie .Walk On Water“, „Soft Anarchy“ und „Tunes Of Yesterday“ verdient die Combo rauschenden Beifall. Und das Bundesverdienstkreuz: Wenn die Plattenfirma nicht schläft, könnte ein Export von GOOD LUCK auch der gebeutelten bundesdeutschen Außenhandels-Bilanz gut bekommen. Die Zeichen dafür stehen gut, denn das Album ist unglaublich altmodisch. Und dadurch unverschämt modern. Ipwj
AUSGERAUSCHT
Wer seine Band so nennt, sollte sich auch als Experte in Rauschfragen profilieren können. ME/ Sounds machte die Trink-Probe. Rausch testet die gängigsten Mittelchen gegen Rausch und Kater: ¿itmarckhering: .Ein relativ preiswertes Rauschunterdrückungsmittel bzw. Katerbekämpfungsmittel — aber nur zu empfehlen, wenn er bis zu einer Mark kostet, sonst wäre es ein Übermarkhering.* Aspirin: «Unser Drummer Wolly Düse kommt aus Aspirin City, ein echtes Bayer-Kind. Er steht auf die Wirkung — es liegt dort in der Luft.* Kalte Wadenwickel: .Fieber kann sehr unangenehme Rauschzustände hervorrufen, besonders ab 40 Grad aufwärts. Omas Rezepte funktionieren immer noch. Altbewährte Surrealismusunterdrückung.* Schwanar Kaff«« ah ZHran«: .Zitrone wirkt gegen Acid (bei zuviel House), Kaffee dagegen ist die Lieblingsdroge unseres Bassherren R. Le Ukel.“ ¿ohet Ei mit Whitky: .Whisky ohne Ei ist besser, weiterrauchen noch besser. Wir meinen: nur in absoluten Notsituationen.“ Weiterichlafen: .Ist eher Mittel zum Zweck. Das Katerchen Mohrle soll ausschlafen. Ansonsten wünschen wir: Schlaft ruhig weiter!“ W«rt«rtrinken: .Gitarrist Eddy empfiehlt dies herzlich, le Ukel meint: Alkohol gehört als Volksdroge Nr. 1 abgesetzt.“ Sauerstoffzelt: .Sauerstoff ist selbst ein Rouschmirtel, das nicht zu verachten ist, mit dem richtigen Montra im Kopf. Die Band träumt schon seit Beginn der ,Get Stoned‘-Tour davon.“
ABGERAUSCHT
1988 trafen vier Freunde mehr oder weniger legaler Substanzen auf einen Straßen-Sänger mit mehr oder weniger klarer Vergangenheit. Sie nennen ihre Band programmgemäß Mush & The Booms und tapsen als Aufheizer für Zodiac Mindwarp und die Woodentops über deutsche Bühnen. Musik und Image (Entbehrung & Ekstase) waren geklärt, was fehlte war der theoretische Oberbau, um sich und den Rest der Welt von der Seriosität eines Musik-Lebens als ewig währender Rausch-Zustand zu überzeugen. Drogen-Papst Timothy Leary, den sie während einer Indienreise aufgabelten, gab ihnen die höheren Weihen samt passenden Bondnamen. Leary: .Dieses Wort übersetzen wir erst gar nicht -,Rousch‘, ein perfekter Begriff aus dem Mutterland des denkenden Hirns.‘ Ein Jahr später schon haben sie ihr Debüt-Album BAUSCH und mehr als 120 Konzerte auf dem Bukkel. Einen Teil der Gigs spielt die Woodentops-Geigerin Anne Stephenson mit. Das Debüt-Album liegt bleischwer in den Laden-Regalen, die Mühe der Ochsentour wird dennoch belohnt: Ende des Jahres bekommt Rausch den Preis .Newcomerband ’89* vom Deutschen Kulturinstitut.
1990 erinnern sie sich an Ihren Mentor Leary und geben ihm für die 20-Minuten-CD „El Tiempo* eine Sprechrolle. Rausch packt der Blechdose mit der CD einen Camenbert bei. Die Dose (nicht mehr erhältlich) wurde nach ihrem Auftritt beim New Yorker .New Music Seminar“ ohne Camenbert an die US-Journalisten verteilt — der amerikanische Zoll hatte den ganzen Käse bei der Einreise beschlagnahmt.
Die gnadenlos ekstatischen Live-Shows brachten der Band diverse Gespräche mit großen Plattenfirmen ein. Diese Meetings endeten ausnahmslos in exzessiven Saufgelagen. Phonogram machte das Rennen – well ihre Manager als einzige nicht unter den Tisch fielen.