Paul McCartney & Wings
ONE HAND CLAPPING
Capitol/Universal (VÖ: 14.6.)
Pop/Rock: Mysteriös motiviertes Livealbum aus den Abbey Road Studios, mythisch verklärt über ein halbes Jahrhundert.
Ein Produkt, das eher Fragen aufwirft als Antworten zu geben. 50 Jahre, nachdem sich Paul McCartney und seine Wings bei den Aufnahmen zu einer, tja, was eigentlich: Liveplatte aus dem Studio (?) filmen ließen, nur um die Mitschnitte dann unveröffentlicht im Schrank zu verstecken, erscheint eins der meistgebootleggten Pop-Dokumente der Geschichte erstmals offiziell als Doppelalbum mit üppigem Bonusmaterial wie einer TV-Verkaufsbroschüre zum Doku-Film – rätselhafterweise aber ohne genau selbigen, das interessanteste Element des Projekts.
AmazonUnd das, obwohl zahlreiche Ausschnitte daraus längst auf Wiederveröffentlichungen von McCartneys „Archive Collection“-Reihe zu finden sind. War Sir Paul der fast parallele Re-Release des konzeptionell ähnlichen Blicks in die Werkstatt seiner Vorgängerband, „Let It Be“, zu viel? Bei beiden heimst er nur überschaubare Sympathiepreise ein, legt eher befehlshaberisches Verhalten an den Tag. Auch das creepy Artwork lässt die Stirn runzeln: Ein einflügeliger, einarmiger Engel, der mit seiner einzigen Hand versucht zu klatschen, was alberne Richtungspfeile überverdeutlichen sollen.
Die Musik ist natürlich über alle Zweifel erhaben
Eher nichts für den Coffee-Table. Die Musik ist natürlich über alle Zweifel erhaben: Aufgenommen während der siebenwöchigen Regentschaft von BAND ON THE RUN in den UK-Charts, präsentiert sich das um Gitarrist Jimmy McCulloch und Schlagzeuger Geoff Britton verstärkten Kern-Trio als tighte Einheit. Beginnend mit einem Instrumental-Jam, der als Theme-Song des Unterfangens bekannt wurde, spielt sich die Band durch McCartneys Karrieren mit den Beatles („Let It Be“, „Lady Madonna“), als Solokünstler („Maybe I’m Amazed“) und natürlich den Wings („Live And Let Die“, „Jet“), sowie Covers wie „Go Now“ von The Moody Blues.
Eine Spezialedition wartet sogar mit sechs Bonus-Songs auf einer 7’’ auf, darunter eine Fassung von Eddie Cochrans „Twenty Flight Rock“, mit dem sich McCartney 1957 einem gewissen Herrn Lennon vorstellte. Das ist freilich sensationelles Material, weshalb dieses Set trotz aller Fragezeichen zweifellos unseren Beifall verdient – allerdings einen einhändigen.
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