The Prodigy
No Tourists
Und ewig breakt der Beat: Die Briten demonstrieren, wie man sich 1996 Härte und Krassheit vorstellte. Leider langweiliger als 1996.
Es gab eine Zeit, da hatte der Sound von The Prodigy etwas Prophetisches. In den 90ern, am Vorabend des Internetbooms, zeigten die Briten mit knüppelharten Breaks und Brutalitätsexzessen im MTV-Spätprogramm, in welche menschlichen Abgründe Beschleunigung führen kann.
Heute wirken The Prodigys bewährte Effekte beinahe rührend in ihren Schockambitionen. Exemplarisch dafür ist das Video zur Single „Need Some1“, Vorbote ihres neuen Albums NO TOURISTS – ein Highspeed-Horrortrip durch Manila, dem die Annahme zugrunde liegen muss, rasant geschnittene Bilder von Armut, Tattoos, Waffen und Blut böten noch immer dasselbe Empörungspotential wie zu „Smack My Bitch Up“-Zeiten. Dazu bollert ein monoton-repetitiver Auf-die-Fresse-Track mit dem üblichen Breakbeat und einem Vocal-Sample der Discosängerin Loleatta Holloway.
AmazonWie man enthemmte Rage heute performt, hatte zuletzt das Hardcore und Hip-Hop fusionierende Duo Ho99o9 demonstriert, das hier am Song „Fight Fire With Fire“ beteiligt ist, aber auch nichts dazu beitragen kann, den unheilvollen Sog früher Prodigy-Stücke zu entwickeln.
NO TOURISTS will krass, krass, oberkrass sein, ignoriert dabei aber bockig, dass die Aggressivität von Zeilen wie „Tick-tick bang, fuck you!“ (aus dem Song: „Boom Boom Tap“) heute gar nicht mehr verfangen kann: Die Sache ist uns ja längst um die Ohren geflogen.
AmazonHier NO TOURISTS von The Prodigy im Apple-Music-Stream hören:
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