Trettmann
Trettmann
SoulForce Records/BMG
Nach der Neugeburt der Statuserhalt: Der Chemnitzer Rapper zementiert seine Stellung mit sleekem, nachtblauem Autotune-Rap.
Für viele nicht so HipHop-affine Musikhörer war er eine Neuentdeckung, ein 44-jähriger Newcomer: Stefan Richter alias Trettmann verblüffte mit seinem 2017er-Album #DIY zielgruppenübergreifend und wurde mit seinem stets tiefenentspannten, autotune-getränkten Duktus zum neuen Liebling des Feuilletons. Dass Trettmann in einem Alter, in dem andere ihren Bausparvertrag auflösen, um sich mit dem Kauf einer Harley in ihre Mid-Life-Crisis zu stürzen, seine Neugeburt als stiller, nachdenklicher Beobachter der bundesdeutschen Risse und Furchen erleben konnte, lag insbesondere an seinem Match-Up mit der Berliner Beat-Manufaktur KitschKrieg, die sich nun auch für die musikalische Inneneinrichtung von TRETTMANN, dem Nachfolger des Sensationsalbums, auszeichnet.
Da sind die minimalen Klavierakkorde („Stolpersteine“, „Hätten wir sein können“), die lauschigen Dancehall-Anklänge („Retro Shirt“, „Wir bleiben wach“), die wir bereits von Songs wie „Billie Holiday“ und „GottSeiDank“ kennen. Da ist aber auch „Zeit steht“, das Feature mit Allie Neumann, das mit seinen augenfälligen 90s-Vibes unangenehm aus dem Grundgerüst des Albums fällt.
Neben diesem Feature lädt sich Trettmann die junge Wiener Sängerin und Rapperin KeKe für das sehr schöne „Wenn du mich brauchst“ und den 187-Kampfhund Gzuz auf die Platte ein. Ausgerechnet Gzuz, der sich in den vergangenen Monaten mit Vorwürfen der häuslichen und sexuellen Gewalt konfrontiert sah. Trettmann hat seine Entscheidung pro Gzuz im Vorfeld des Albumreleases mit ihrer langjährigen Freundschaft begründet, die Notwendigkeit des Dialogs betont und sich klar von häuslicher Gewalt distanziert. Nichtsdestotrotz macht sich beim Hören des gemeinsamen Tracks „Du weißt“ ein Gefühl der Enttäuschung breit, hatte man in Trettmann, diesem Leisetreter, der die Tristesse der Nachwendezeit mit „Grauer Beton“ grellgrauer bebilderte, als es je eine Dokumentation der Öffentlich-Rechtlichen in der Lage war, doch einen Rapper mit besonders seismischem Feingefühl für die Szene und den Diskurs gesehen.
Die Diskussionen um diesen einen Album-Gast werden Trettmanns neuem Selbstbewusstsein nicht anhaben können. „Zeig mir auch nur einen, der #DIY nicht mag“, prollt es auf „Du weißt“ aus ihm heraus. Und er hat ja recht – mit diesem Album hat er einen Meilenstein geschaffen. Allein schon weil der Künstler sich darüber selbst im Klaren ist, erreicht TRETTMANN nicht die schiere Größe seines Vorgängers; ähnlich wie „Zurück in Zukunft 2“ ist es jedoch ein sehr gutes Sequel. Eines, das sich darüber bewusst ist, nur ein Sequel zu sein.