Album der Woche

Vampire Weekend 

Father Of The Bride 

Columbia/Sony Music (VÖ: 3.5.) 

Die Amerikaner haben ihre Popsongs auf Folk- und Countrynährböden gedeihen lassen und mit Prog und Barock abgeschmeckt. 

Was in der überschäumenden Begutachtung dieser Band über eine Dekade lang wenig Erwähnung fand: Vampire Weekend haben Humor. Hauen ein 120-minütiges Video mit einem geloopten Gitarrenriff aus dem ersten der neuen Songs raus, die step by step vor Albumveröffentlichung viralen Hochbetrieb veranstalteten. Wenn John Fahey noch lebte, hätte ich meine Folkplattensammlung darauf verwettet, dass die New Yorker Preppie-Boys den Fingerstyler für diese akustische Gemeinheit verpflichtet hätten. Als streng historischen Beihau zum leichten Oohoohoo-Pop des Songs „Harmony Hall“.

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Das letzte Album der Band, MODERN VAMPIRES OF THE CITY (2013), war im Nachlauf noch mehr verblasst, es hatte in seiner fingerzeigenden Vielseitigkeit von Anfang an etwas abgestanden gewirkt, der Grammy war die gerechte Belohnung dafür. Es gab aber kein Ankommen gegen das fünf Jahre zuvor veröffentlichte Debüt VAMPIRE WEEKEND, auf dem die Musiker mit dem Gestus von Upper-Class-Strebern die Rock- und Popmusik auf ein polyrhythmisches, polyglottes Niveau hochgerechnet hatten – auf Flughöhe mit King Sunny Adés Gitarren. Weil dieser erste Aufzug einen unschlagbaren Eindruck hinterlassen hat, tun Vampire Weekend nun gut daran, ihre Superheldenskills auf etwas anderen Spielfeldern zu erproben.

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Hier kommt die amerikanische Folk- und Countrymusik ins Spiel. Die ersten Songs („Hold You“, „Harmony Hall“, „Bambina“) beginnen allesamt, als wollten sie sich um den Preis für das beste akustische Lied des Jahres bewerben, aber dies wäre keine Vampire-Weekend-Platte, würden Ezra Koenig, Chris Baio und Chris Tomson uns nicht im selben Moment ihre Liebe zu barocken Verzierungen, verspielten Pianomelodien und großen Chören gestehen. Die Band trifft einen frischen Ton auf den 18 Songs des Doppelalbums, er vereint Bodenständigkeit, psychologische Finesse und Emotionen.

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FATHER OF THE BRIDE hält jubilierende Goodtime-Popsongs auf Lager, bei denen wir eher an Albert Hammond als an Albert Hammond Jr. denken, ein Stück Kammerpop („How Long“), einen cheesy Flamenco-Song („Sympathy“), auch ein paar Auto-Tune-Überflüssigkeiten. Einmal singt Koenig eine Ode an die Sonnenblume im Garten, umzingelt von einem Progrock-Basslauf und „Dabadoodoodaba“-Chören. Es entsteht ein zwischen Melodie, Beat und Bildwerk geradezu vibrierender Song (Steve Lacy von The Internet an der Gitarre), der uns aus diesem amerikanischen Sommersonnengarten in die grünen Auen von Lincolnshire führt, wo der große Radikale Robert Wyatt seine bislang letzten Lieder schrieb. Ich habe dieses Jahr noch nichts Besseres gehört. 

Vampire Weekends neues Album „FATHER OF THE BRIDE“ im Stream hören:

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