Richard & Linda Thompson
Shoot Out The Lights (1982)
Richard hockt lachend in der Ecke. Linda blickt von einem gerahmten Foto an der Wand milde in das Zimmer. Die Tapeten hängen in Fetzen von den Wänden, eine nackte Glühbirne schwingt über der Szenerie — gerade so, als wolle sie noch von der erdbebenhaften Erschütterung erzählen, die da gerade hereinbrach. Selten hat 71 RICHARD & LINDA THOMPSON Sheot Out Th* Light* (1982) ein Cover präziser auf die Musik eines Albums hingeführt. „Shoot Out The Lights“ war 1982 der ebenso mutige wie erhellende Abgesang auf eine private und kreative Beziehung, der — frei von Larmoyanz und Gefühlsduseligkeit — aber nie auf rein private Scharmützel verkürzt wurde. Songs wie das düster-druckvolle, von latenter Gewalt erfüllte „Shoot Out The Lights“ und das unglaubliche (Selbst?)-Mord-Szenario „Did She Jump Or Was She Pushed'“ legten den gesellschaftlichen Reflex dieser Musik am deutlichsten bloß. Die lakonisch formulierten Einsichten in längst erloschene, aber nie totgeglaubte Leidenschaft („Walking On A Wire“) blieben selten in bloßer Bitterkeit stecken. Sie hatten vielmehr das seltene Glück, in weisem Gleichmut zu baden, den etwa das wieder von Linda kongenial interpretierte „Just The Motion“ verströmte. (Noch-)Gatte Richard gefiel sich unterdessen als eher hilfloser „Man In Need“ oder rachsüchtiger Backstreet-Streuner — Blaupausen für viele Songs seinerfolgenden Solo-Karriere. Unter der effektiven Produktionsregie von Joe Boyd, unterstützt von alten Fairport Convention-Kollegen wie Simon Nicol, Dave Pegg und David Mattacks spielte der begnadete Gitarrist Thompson wie um sein Leben. Sicher hat er auch nach der Trennung von Linda noch Herausragendes geleistet, doch selten mit der Konsistenz und Konsequenz dieses Folk-Rock-Meilensteins. Was wieder einmal beweist: Die größten und ergreifendsten Momente der Rock-Geschichte sind ohne Rappeln und Zappeln in der angeknacksten Beziehungskiste nicht vorstellbar.