Rory Gallagher – Southampton, Mayflower


Wer die Muppet Show kennt, kennt auch das Mayflower. Hier wie dort ein plüschiges Theater mit Logen und Gängen, Stuck an der Decke, schweren roten Vorhängen und gemütlichen Sitzen, in denen man gerne einnickt. Um die Illusion perfekt zu machen, fehlten wirklich nur die beiden alten Knaben, die immer meckern.

Doch dazu hatte man bei Gallagher und Band keinen Grund. Denn der Mann aus Irland ist – abgesehen von den Pfunden, die er zugelegt hat – ganz der Alte geblieben: kariertes Holzfällerhemd, ausgebeulte Jeans. Lederjacke. Kumpel Gallagher fördert nach wie vor schwarzes Gold zutage: Blues, Blues und nochmal Blues. Hemdsärmelig wie er. ist auch sein Publikum. Doch wer annahm, daß nur die Ewig-Gestrigen erscheinen würden, wurde angenehm überrascht. Erstaunlich viel junge Leute sprenkelten das Gruppenbild der Althippies. Zum Konzert: Gallagher – begleitet von Bassist Gerry McAvoy und Schlagzeuger Brendan O’Neill. gelegentlich unterstützt von Harmonikaspieler Mark Feltham – begann mit „Kickback City“, einem Sonn seiner 13. Solo-LP DEFENDER. Und gute zwei Stunden später war aus dem Verdacht Gewißheit geworden: Hier geht es nach wie vor um lautstarken, muskulösen Bluesrock, der ebenso elektrisch wie elektrifizierend ist. Prädikat: besonders roh. besonders ruppig. Gallaghers Gitarrenspiel entfesselt klangliche Uraewalten. Was er an Riffs und Rythmen aus der abgeblätterten Stratocaster hämmert, hat nie auch nur entfernt die jazzmäßige Raffinesse eines Robert Cray. Dafür hat sich Rory in direkter Nachbarschalt zu Robert Johnson. Elmore James und anderen Altmeistern des zwölftaktigen Genres angesiedeil.

Doch bei aller beabsichtigten Kompaktheit des Klangbilds: Die ehemals geschwinden Wechsel zwischen Solound Rhythmusspiel, diese gedrängte Dichte von Single-Note-Läufen, Picking und metallisch gestreiften Powerakkorden fallen hier und da ein wenig unsauber aus. Dennoch: Der Mann aus der Schweißecke beherrscht Instrument und Ensemble. Ausflüge werden durch leichtes Kopfnicken beendet. Das Überdehnen der Schlußfiguren diktiert er mit dem Gitarrenhals. Ein kurzer Seitenblick auf die Hintermänner genügt – und ab geht’s in die Unisono-Passagen.

Eingebettet in aktuelles Songmaterial („Ain’t No Saint“, „Loanshark Blues“, „Continental Op“) präsentiert Gallagher einen Querschnitt durch sein reichhaltiges Repertoire. Als er allein und nur mit der Akustischen auf die schmucklose Bühne tritt, um etwas zittrig Standards wie „Walking Blues“ vorzutragen, gibt’s Szenenapplaus. Und wenn er dann noch sein Bottleneck aus der Jackentasche kramt, um die alten Akkorde zu verschleifen, dann lacht trotz manch kleiner Schlampigkeit die schwarze Blues-Seele.