Sally Barker
War es der Hauch der 70er Jahre, der den Beginn von Sally Barkers Konzert so anheimelnd machte? Unüberhörbar spürt diese enorm talentierte junge Musikerin großen Vorbildern nach — Joni Mitchell, Joan Armatrading und Rickie Lee Jones lassen grüßen, wenn die blonde Engländerin mit sicherer Intonation weit gespannte Melodiebögen zwischen Jazz, Folk und Pop intoniert.
Mit einer Band in traditioneller Quartett-Besetzung ließ Sally auf dieser Club-Tournee keinen Zweifel daran, daß sie eine altmodische Musikerin im besten Sinne des Wortes ist. Denn handwerkliches Können gehört ebenso zu ihren Vorzügen wie makellose Songs. So beherrschte sie souverän und mit unaufdringlicher Präsenz mühelos die Szene. Ihre komplexen musikalischen Mini-Dramen, die voller rhythmischer Wechsel und atmosphärischer Nuancen stecken, kommen stets auf leisen Sohlen. Sally Barkers wandlungsfähiger Sopran, der manchmal an die legendäre Sandy Denny erinnert, streift alle Höhen und Tiefen der Gefühle. Sogar swingende Jazz-Töne schlägt sie, wie in „Lay Your Body Down“, traumhaft stilsicher an. Ihre Begleitband ist ein Muster an einfühlsamer Akkuratesse: Keith Bück an der Pedal Steel Guitar schürte souverän dezente und gänzlich unkitschige Country-Glut — aber auch das Rock-Feuer hielt er nicht weniger virtuos am Lodern. Genaue Artikulation und Treffsicherheit zeichnen auch den Bassisten Boris Carlin aus. der unauffällig, aber exakt alle stilistischen Aspekte solider Rhythmik auf der Palette hat.
Sally Barker selbst fühlte sich in der Honigfabrik anscheinend sofort wie zuhause: Mit minimalen Mitteln, aber allemal humorvoll, erreichte sie eine beachtliche intime Intensität. Mit ihren filigranen Kompositionen, die oft voller musikalischer Querverweise stekken, und auch in temperamentvollen Uptempo-Rockern erntete sie frenetischen Applaus. Kein Zweifel: Mit ihren intelligenten Texten und vielschichtigen musikalischen Ideen gehört Sally Barker zu den interessantesten Newcomern der britischen Szene.