Schmollecke
Erotik und Vinyl gehören zusammen wie Ingo und Schmoll. Vom Laser geblendet schmollt unser "Ragazzi"-Beau heute gegen das LP-Sterben.
An meine Ohren lasse ich nur Wasser und CD‘ – das ist der Slogan von immer mehr Hifi-Freaks, deren räumliche und finanzielle Situation es leider immer noch nicht zuläßt, die Band direkt nach Hause einzuladen. Und — Gott bewahre — nachher klingen die live mieser als auf der Studioaufnahme. Was das soll? Nun, es gibt die Drei, die den Ton tragen müssen: Band bzw. MC, Vinyl bzw. LP und Plastik-, Silber- und Lackschichl bzw. CD. Einer dieser drei Ton-Träger wird sich in einiger Zeit verabschieden — die LP, die in Klangund Qualitätsfragen zu wünschen übrig läßt.
Wie beim Windeltest führen wir nun an einer LP und :einer CD ein Experiment durch:
Test 1. Wir legen beide Tonträger ausgepackt drei Wochen auf einen Schrank und lassen sie so richtig schön einstauben. Das Resultat: Die LP knistert, als hätte bei !“, den Aufnahmen der Platte jemand [ ein Lagerfeuer angezündet, die ‚ CD jedoch macht überhaupt keine Mucken.
Test 2: Wir malen die LP und die CD mit Wachsmalstiften an. Resultat: Die LP fordert die Nadel des Plattenspielers zum Überspringen mehrerer Rillen auf, bei der CD bleibt alles wie gehabt. Den 3. Versuch, mit Nadeln die Oberfläche zu zerkratzen, sparerfj wir uns hier.
Und trotzdem finde ich es wirklich zum Schmollen, daß die LPs früher oder späte verschwinden werden, denn in meinem 4. und letzten Test bleibt die LP der Sieger. Die Kerzen brennen, man ist frisch verliebt, liegt auf dem Futon bei zwischenmenschlichen Aktivitäten, während Art Garfunkel’s .Bright Eyes* läuft – wohlgemerkt :!. auf LP. Und dann: Die Platte springt, aber jetzt aufhören und Nadel weiterschieben gilt nicht und in den nächsten, Minuten spielt der Plattenspieler nur die Passage … like fire … like fire … like fire … herrlich. Wenn mann dann die Scheiben nach einigen Jahren nochmals hört, birgt jeder Kratzer andere erotische Erinnerungen.
Werden wir wieder sachlich! 1951 kam die erste Vinyl-LP auf den deutschen Markt und bei entsprechender Pflege wäre sie noch heute „abspielbar“. Die erste CD gab es weltweit 1983 und es gibt keine Langzeitversuche! Spekuliert wird z.B. über einen Zerfall durch die bunten Lackaufdrucke. Andere Stimmen behaupten, eine CD sei eine Anschaffung fürs Leben, aber genau weiß es eben keiner. Eine große Schollplattenfirma beschloß, daß es ,Sony chl“ weitergeht und schließt deshalb ihr englisches Vinyl-Preßwerk, weil LPs nur noch V, der englischen Verkäufe ausmachen.
Abschließend die Designerfrage. Fans von den tollen großen Plattencovern werden wohl in Zukunft den Weg zum Farbkopierer machen müssen, um sich das CD-Cover auf LP-Größe zu zoomen. Die Qualität der Vergrößerung läßt zwar noch zu wünschen übrig, aber in ein paar Jahren wird die Lasertechnik auch das noch besser hinbekommen. So-long-player. Ciao, bis bald, der platte Ingo.