Shane MacGowan


Der einstige Pogues Frontmann will's mit den Popes noch einmal wissen

Die Auftritte der legendären Pogues waren die wildesten weit und breit, nur noch übertroffen von den alkoholischen Exzessen ihres damaligen Songwriters und Sängers Shane MacGowan. Seine vielzitierten Eskapaden waren denn auch offiziell der Grund dafür, daß sich die Band „schweren Herzens“ von ihm lossagte und ihren Whiskeyschlund kurzerhand vor die Tür setzte. Inzwischen weilt Shane wieder unter den Lebenden – samt neuer Band The Popes und neuem Album ‚The Snake‘. Zumindest auf zwei alte Gewohnheiten kann der irische Dickkopf nach wie vor nicht verzichten: Er liebt das Leben im Pub und die Nacht. Wer ihn etwa vor Einbruch der Dämmerung zu Gesicht bekommen will, geht leer aus, denn Shane MacGowan spricht grundsätzlich nur im Pub, wenn’s bereits dunkel ist. ‚Filthy McNasty‘ heißt seine derzeitige Tankstelle. Eine dieser typischen Muckerhöhlen in der Londoner Innenstadt. Berni France, der Bassist der päpstlichen Kongregation, ist der erste, der sich blicken läßt. Der hauptberufliche Leichenbestatter bestellt, wie sich’s in diesen Kreisen nun mal gehört, sogleich ein Guinness und grinst übers ganze Gesicht: „Ich weiß gar nicht, was du hast, zwischen meinem Job und dieser chaotischen Band besteht doch kein so großer Unterschied!“, erwidert er meinen erstaunten Blick. Die Popes seien nun mal kein Haufen ausgekochter Profis „Wir sind ein paar alte Kumpels von Shane. Und als er unbedingt wieder was Neues anpacken wollte, haben wir ihm eben geholfen…“ Doch nun hat der Meister das Wort und macht dabei einen überaus erholten Eindruck: Zum einen wölben sich unter der rabenschwarzen Sonnenbrille die ersten Ansätze von Hamsterbacken, ein Zeichen für offensichtlich gesunde Ernährung.

Andererseits ist sein Durst relativ bescheiden – er nuckelt gut und gerne eine geschlagene Stunde an seinem Designer-‚Lager‘ und einem trockenen Martini. Zwar neigt er beim Sprechen noch immer zu krächzendem Lallen, auch kommt es plötzlich vor, daß seine Pupillen unvermutet aus den Augenhöhlen zu rollen drohen, doch unterm Eich-Strich steht er mit beiden Beine wieder auf festem Boden. Jetzt bin ich ganz allein der Chef“, verkündet Shane MacGowan mit unverhohlenem Stolz in der Stimme, „ein Solomusiker mit einer Backing Band. Aber ich höre trotzdem auf meine Mitstreiter. Ich bin ja schließlich kein Diktator. Auch bei den verdammten Pogues lag die ganze Verantwortung immer auf meinen Schultern. Wenn ich mal Scheiße baute, war gleich die große Krise angesagt.“ Bescheidene Frage am Rande: Die Pogues haben auch ohne ihn weiter existieren können. „Aber das ist doch nicht mehr dieselbe Band! So um 1988 herum, nach ‚If I Should Fall From Grace With God‘, driftete die Band in eine Sackgasse. Bis dato zogen wir alle an einem gemeinsamen Strang in eine gemeinsame Richtung. Doch danach lief nichts mehr richtig zusammen. Und überhaupt hatte ich das ständige Touren bis hierher satt. Jeden Abend ein Auftritt, das nagt an der stärksten Seele…“ Eines schönen Tages platzten die Sicherheitsventile: MacGowan hatte auf dem Weg zu einem Gig angeblich ein Gläschen Sake zuviel getrunken, fiel prompt aus dem Tourbus und war K.O. Die Konsequenz: Shane MacGowan flog raus. Drei Jahre lang saß der Gefeuerte herum, „um sich gründlich zu erholen“. Jetzt ist der alte Mumm wieder da. „Wir machen heute die Musik, die die Pogues früher spielten – laute, rhythmische Tanzmusik mit guten Melodien, von hartem Rock bis frischen Traditionals.“