Spacevögel
Daß das Popbusiness nicht nur Zuckerschlecken ist, davon könnten Space ein Lied singen. Doch dafür sind die Liverpooler zu gut drauf.
Drummer Andy Parle hat s nicht mehr gepackt. Ende letzten Jahres – das zweite Space-Album „Tin Planet“ war halbwegs im Kasten – war es für die Band mal wieder Zeit, auf Promo-Tournee in die USA aufzubrechen. Frühmorgens drehte der Bus zum Flughafen seine Runde. „Andy stieg ein“, erzählt Bassist David „Yorkie“ Palmer, „beim nächsten Stopp, fünf Minuten später, stieg er wieder aus. Er sagte nur ‚Ich kann das nicht mehr‘, nahm seine Tasche, und das war’s.“
Für eine Band, die sich mit partytauglichem Sound zwischen Kinks, Pop, Easy-Listening-Anleihen, Sample-Irrsinn und Techno-Spielereien über schrägen Texten in erster Linie als Spaß-Combo versteht, haben Space schon einiges Unschöne durchgemacht. 1993 von Tommy Scott (voc., git., bass) mit Keyboarderund Techno-DJ Franny Griffiths, Gitarrist Jamie Murphy und Drummer Andy Parle in Liverpool gegründet, kam der Durchbruch für Space Ende 1996. Dann ging alles ganz schnell: Drei Singles vom Debüt-Album „Spiders“ machten das Quartett zum heißen Eisen. Mit dem Erfolg wuchs der Druck, bis die erste USA-Tour im Frühjahr ’97 zum Prüfstein wurde, an dem Space beinahe zerbrachen. Wie später auch Andy Parle, erklärte Jamie, sonst absolut kein Kind von Traurigkeit, kurz vor Abflug, er werde nicht mitkommen. Der Streß war ihm über den Kopf gewachsen. Damit nahm ein „catalogue of errors“, wie Band-Faktotum und Bassist Yorkie es ausdrückt, seinen Lauf. In den Staaten angekommen, mußte erstmal ein Ersatz-Gitarrist angelernt werden. „Wir fingen morgens um 6 Uhr an zu proben, tagsüber waren Interviews angesetzt, abends die Konzerte. Das Ganze zwei Wochen lang, mit täglich vier Stunden Schlaf. Man hatte keinen einzigen Moment für sich selbst“, erinnnert Franny sich an den amerikanischen Horrortrip. „Am letzten Abend war dann plötzlich Tommys Stimme weg, und das mitten im Song. Zwei Monate lang konnte er keinen Ton mehr von sich geben.“
Wir sitzen in der Umkleide des Shepherd’s Bush Theatre. Heute abend steht hier Space’s erster London-Auftritt seit Monaten an. Jamie ist längst wieder an Bord,Tommys Stimme sowieso, und mit Leon Caffrey ist auch ein neuer Drummer gefunden. Das Theater ist ausverkauft, Franny und Yorkie sind guter Dinge.“Wir freuen uns auf ein gemütliches Jahr“, meint Franny zufrieden. „Die Platte ist fertig, we’ve got our work done.“ – „Wi go‘ aa weeechk dun“, klingt das im Liverpooler Original-Akzent. Die Band wohnt immer noch in ihrer Heimatstadt. Man denkt gar nicht daran, nach London zu ziehen. „In Liverpool gibt es zwei Dinge, die die Leute interessieren“, erzählt Franny, „Fußball und Musik. Wer kein guter Musiker ist, spielt Fußball, wer kein guter Fußballer ist, macht Musik.“ – „Und wer in beidem schlecht ist“, setzt Yorkie nach, „kann immer noch schlau drüber reden.“ Franny redet über Musik: „Ich glaube nicht, daß wir noch ein besseres Album als ‚Tin Planet‘ zustande bringen werden“, gibt er zu.
Was kann dann noch kommen? „Wir wollen keine von den Bands werden, die die Leute vergessen haben, die aber trotzdem weiter irgendwelchen Schrott veröffentlichen. Wenn sich keiner mehr für uns interessiert, dann lösen wir uns auf.“ Der heutige, umjubelte Auftritt läßt das erstmal nicht befürchten – aber man kann nie wissen, das ist Space mittlerweile klar. Für den Fall der Fälle weiß Franny schon was: „Dann können wir ja Fußballer werden.“