Squeeze


Das Konzert ist ausverkauft. Draussen stehen nochmal soviele Leute wie drinnen und reden aufgeregt auf ausverkaufte Ticketverkäufer ein. Das britische Empire hat vielleicht gerade die Fiji-Inseln verloren, aber wir haben Squeeze wieder! Alle sind gekommen, um die Nationalflagge hochzuhalten — sogar die Kritiker schwärmen! Auch wenn das mehr über den momentanen Zustand britischer Popmusik als über den von Squeeze aussagt — erst recht nach diesem zusammengeschusterten Auftritt heute Abend.

Das Publikum ist heute älter als sonst im Hammersmith Odeon. Die Leute sehen aus wie Beamte des öffentlichen Dienstes bei einer Gartenparty unter Kollegen (Squeeze übrigens auch): nicht aufgedreht wie Fans, sondern gelassen wie Connaisseurs. Irgendwie scheinen sie sich ständig selbst auf die Schultern zu klopfen, weil sie durch ihre Anwesenheit einen so guten Geschmack beweisen.

Die Atmosphäre ist zugeknöpft, selbstbewußt und sehr, sehr englisch. Eine Band wie Squeeze könnte auch aus keinem anderen Land kommen. Sie stehen in der großen Tradition der Kinks. und die geht über den Umweg durch Pubs direkt auf die alte britische Music Hall-Tradition zurück.

„Die größte Band der Geschichte! Die Band mit dem meisten Sex der Welt!“

Paula Yates (Bob Geldofs Angetraute und mit Squeeze-Keyboarder Jools Holland zusammen Präsentatorin der Pop-TV-Show „The Tube“) steht auf der Bühne und kündigt sie an. Das zweite Statement darf man bezweifeln (auch wenn Chris Diffords Glitzerjacke neben den gedeckten Anzügen seiner Bandkollegen gerade noch durchgeht), aber das erste mag wohl mal gestimmt haben — in den klassischen Squeeze-Tagen mit „Cool For Cats“, „Argybargy“ und „East Side Story“. Leider kann kaum ein Song ihrer neuen Platte Babylon And On mit diesen glorreichen Tagen mithalten. Und mit diesem neuen Material bestreiten sie einen Großteil des heutigen Abends. Das Beste: „The Prisoner“, tanzbar — im guten alten Pub Stil, als Tanzen in der Popmusik noch kein Schimpfwort war. „853 5937“, purer Pop. „Footprints“ klingt sehr nach „1999“ sowie „Striking Matches“ und wird lediglich durch den Einsatz einer flotten Zieh-Harmonika gerettet. Den größten Applaus kriegen sie aber für Songs wie „Cool For Cats“, „Up The Junction“, „Pulling Musseis“ und „Is That Love“ die alten Singles eben. Ansonsten ist alles sehr freundlich, sehr clever und alles andere als fesselnd. Eine Band für angepaßte Leute, die so tun, als ob sie’s nicht wären.