Starship
Es hatte schon etwas Befremdliches: In einer Stadt, die jeden Abend in einem der zahlreichen Clubs für ein Drittel der hier zu entrichtenden 15 Dollar ungleich Aufregenderes bieten kann, hatten 4000 Kids nichts Besseres zu tun, als in einer unwirtlichen Großraumarena mitzuerleben, wie das Starship-Torso brav in die Mainstream-Umlaufbahn einschwenkte.
Kids? Nun ja, ein paar ganz junge Semester, die Slick & Co. erst per MTV kennengelernt haben dürften, waren auch zugegen; ansonsten dominierten mittlere Jahrgänge, ein gepflegtes Middle Class-Publikum.
Nach The Outfield, einem Vorprogramm, das man schnell aus der Erinnerung streichen sollte, startete das Starship gleich mit jenem Song, der dem einstigen Psychedelia-Aushängeschild das chansträchtige Entree ins Video-Zeitalter verschaffte: „We Built This City.“
Was konnte schon noch kommen, nachdem gleich zu Anfang das eigentliche Zugabenprogramm verpulvert wurde? Es kam „Somebody To Love“: Starship hielten Ausschau nach älteren Getreuen (ja, ein paar Hippies waren auch da …). und um trotzdem den Nachwuchs nicht zu vergraulen, wurde das Love & Peace-Relikt mittels Synthesizer Drum-Computer-Treatment in ein „modernes“ Gewand gesteckt —- ziemlich grauenvoll.
Nur die Chronistenpflicht gebot es, noch weiter am Ort des Geschehens zu verweilen. Routiniert bis lustlos spulte die Band ihr Pflichtprogramm herunter. Grace Slick erschien streckenweise sogar deplaziert, während sich Strahlemann Mickey Thomas mit dem eisernen Charme eines Versicherungsvertreters als Frontmann versuchte. Craig Chaquico, Gitarre und Outfit im Zebra-Look modisch aufeinander abgestimmt, gefiel sich mit sichtlicher Begeisterung in der Pose des Guitar-Hero. Als er mal wieder zu einem Endlos-Solo ansetzte, das bedenkliche Werte auf der Langeweiler-Skala erreichte, reifte mein Entschluß — und als sich schließlich der Aushilfs-Keyboarder genötigt sah, sein Können solo mit einem Klassiker-Rip-Off unter Beweis zu stellen, war das Maß endgültig voll: Ich entschwand in die kühle texanische Nacht.