Steve Gibbons Band – Hamburg, Fabrik


Steve Gibbons gehört auch zu den Musikern, bei denen ich nie so richtig kapieren werden, warum sie nie mehr als ein Insidertip waren. Wenn man bedenkt, daß Bob Seger und Little Feat, um nur zwei bekannte Beispiele zu nennen, auch jahrelang krampfhaft ignoriert worden sind, wundert einen nichts mehr. Zum Thema: Nach meiner Schätzung hatten sich an jenem Abend nur ca. 400 Leute (in Bonn waren’s sogar nur 70) in die Fabrik verirrt, um Steve Gibbons zu lauschen. Und mit verirrt und lauschen habe ich auch schon die Stichworte genannt, die das Publikum betreffen: Man hatte wirklich manchmal den Eindruck, viele Leute seien nur zufällig vorbeigekommen. Während Steve und die Band sich den Arsch aufspielten, saßen die meisten Leute so andächtig auf ihren Bänken, als ob sie einer Messe beiwohnen würden. Es wurde zwar immer anständig applaudiert, doch kaum einer kriegte den Hintern hoch. Deshalb soll sich jeder der dort war und sich jetzt angesprochen fühlt, einmal kräftig von mir in denselben getreten wissen. Steve Gibbons muß denken, in Hamburg wohnen 2 Millionen Pfadfinder, die alle das Anstandsbuch von Gräfin Sowieso gelesen haben. – Genug geärgert!

Ein Grund zum Ärgern war Steve himself gewiß nicht. Allein sein Outiit hat Klasse. Es scheint, als sei er direkt von den Dreharbeiten eines Gangsterfilmes auf die Bühne gekommen. Und eine Röhre hat der Mann! Bei manchen Gesangsparts lief mir eine ausgewachsene Gänsehaut den Rücken herunter. Bei allem Lob für Mr. Gibbons sollte man jedoch nicht die exzellente Band vergessen. Vollends gepackt hat’s mich, als die Band zu „He Gave His Life To Rock’n’Roll“ ansetzte. Von mir aus hätte er alle Stücke seines fantastischen Live-Albums CAUGHT IN THE ACT spielen können. Schwachpunkt des Gigs war der Song „Graffiti Man“ vom neuen Album STREET PARADE – Gibbons goes Salsa. Außer dem Wunsch mir ein neues Bier zu holen und dem dummen Spruch „Schuster bleib bei deinen Leisten“, fiel mir dazu nichts ein. Die anderen Stücke des neuen Albums, wie z. B. „British Rock’n’Roll‘ oder „A To Z“, paßten sich jedoch gut ins restliche Material ein.

Wer immer noch nicht mitbekommen hat, welche Art Musik Steve macht, dem sei hier noch mitgeteilt, daß nach dem Schluß des Konzertes einige Leute was von Bob Seger und Rockpile murmelten, womit sie gar nicht mal so falsch lagen. Wirft man beides in einen Topf und rührt kräftig um, so könnte bei richtiger Gewürzabstimmung tatsächlich ein Steve Gibbons dabei rauskommen …