Steve Stills sucht die Einsamkeit


Die Solo-LP von Steve (oder Stephen – nennt ihn, wie Ihr wollt) Stills ist eine Widmung für Jimi Hendrix. „Nach getaner Arbeit ist gut ruhen“ wird Stills gedacht haben, als er nach neun langen Monaten, in denen er mit den Aufnahmen für dieses Album beschäftigt war, die Ruhe des englischen Festlandes aufsuchte. Es schien ihn wenig zu interessieren, ob seine Kompositionen beim grossen Publikum Anklang finden würden, oder nicht. Dass dies aber sehr wohl der Fall war, beweisen die enorm hohen Verkaufsziffern, die uns Polydor (das ist Steves Plattenfirma) gerade ins Ohr flüsterte. Der gefühlvolle, intelligente Amerikaner wird sicher schon bald nicht mehr viel Zeit haben, sich auszuruhen. Er selbst hat sehr grosse Pläne. So hat er sich unter anderem vorgenommen, mit einem 14 Mann starken Orchester im Sommer eine Tournee durch alle grossen amerikanischen Konzertsäle zu unternehmen. Im Herbst soll dann Europa an die Reihe kommen. Steve wird mit seinem Orchester ungefähr dasselbe Repertoire bringen, das wir von seinem Album her kennen. Er ist ein Mann, der sich nach Jimis Tod nicht plötzlich als dessen gewesener Freund ausgibt. Er was es wirklich. Darum war das unerwartete Ableben des grossen Gitarristen für ihn auch ein ziemlicher Schock.

IN EINER EINSAMEN SKIHÜTTE …

Steve besitzt in Colorado, hoch in den Bergen, eine Skihütte, in der er die wohltuende Ruhe, die dort herrscht, geniesst. Ausserdem ist dies ein Platz, an dem er sich wirklich auf seine kreative Arbeit konzentrieren kann. Als er die Nachricht vom tragischen Tod Jimi Hendrix‘ erhielt, begab er sich in die Skihütte, um dort über den Schock hinwegzukommen. Eigentlich traf ihn diese Nachricht gar nicht so unvorbereitet. Er meinte dazu: „Jimi war immer sehr nervös. Diese Tatsache in Verbindung mit den starken Drugs, die er nahm, konnte gar keine andere Folge haben. Ich glaube, dass es für viele von uns nicht einfach ist, uns selbst und unsere Umgebung klar zu sehen. Die meisten Menschen haben irgendwelche psychischen Probleme. Dadurch verlieren sie in mancher Hinsicht die Realität aus den Augen. Was mich selbst betrifft, so werde ich versuchen, mich und meine Umgebung aus einer möglichst grossen Entfernung zu betrachten. Auf diese Weise kann man eventuelle Gefahren rechtzeitig erkennen“.

Steve wohn in einer Villa in Elstead (Surrey), in der auch Ringo Starr und Peter Seilers schon mal gelebt haben. Die drei wichtigsten Faktoren im Leben Steve Stills‘ sind die Natur, in der er am liebsten allein ist, seine Pferde, und nicht zuletzt seine Musik. Was das Leben in den Staaten betrifft, so ist er ziemlich skeptisch. Deshalb hat er auch lieber £ 250.000 für ein Haus in England ausgegeben, statt sich eines in Amerika zu kaufen.

RECHTZEITIG AUFHÖREN…

Abgesehen davon, dass er, wie gesagt, schon eine Amerika- und Europa-Tournee geplant hat, will er doch, so sagt er jedenfalls, nicht allzulange in dem „Rock-’n Roll Circus“ mitmachen. Am Geld fehlt es ihm ja glücklicherweise nicht, was natürlich immer beruhigend ist, vor allem, wenn man mit dem Gedanken spielt, aufzuhören. Steve vergleicht den Augenblick, zu dem er das Konzertpodium für immer verlassen will, mit dem Tod Jimi Hendrix‘. Nur mit dem Unterschied, dass er den einfacheren Weg gehen will. Ein Weg, der zu den verschneiten Bergen führt, in die Ruhe und Einsamkeit und zu seinen geliebten Pferden…