Summer Dance Festival
Gott schuf die Welt in sieben Tagen. Was daraus geworden ist, sieht man heute. Also: Neue Welten müssen her! „Dance Your World“, dachte sich Brian Carter und schuf sich seine Welt in drei Nächten.
Brian Carter ist das ,B‘ und das C‘ von BCM. Deutschlands frischestem
Dance-Label. Was ist seine Welt? Drei Nächte Dance-Music bester Qualität mit den angesagtesten Acts aus aller Welt. HipHip, Soul, House. Funk und Techno. Es war alles und jeder da. Deshalb: Das Beste. Skurrilste. Dümmste, Dickste im Schnelldurchlauf.
Warum nur, warum mußte Antonia „Tele 5“ Langsdorf dieses Festival moderieren? Von Beginn an ausgebuht, turnte sie ungelenk auf der großen Bühne herum und produzierte sich mit Gelenkgeschlabber wie aus dem Lehrbuch von Turnväterchen Jahn.
Ihre Kollegin Monika Dietl vom SFB machte die Sache erheblich besser. Ohne das peinliche Verlangen, sich selbst ständig in den Vordergrund schieben zu müssen, konnte sie in ihren Interviews, live auf der Bühne, mitunter eine persönliche Atmosphäre erzeugen.
Trotzdem: Die stärksten Momente gab es immer dann, wenn weder Moderation noch Veranstalter noch sonst jemand in die Auftritte hineinfunkte und der Musiker mit seinem Publikum ganz allein gelassen wurde. Wenn etwa ein grandioser Lakim Shabazz, einer der radikalsten Muslim-Prediger unter den Rappern, den puren Hardcore-Hip-Hop eine Zeitlang vergißt und sich am Ende des ersten Tages im abschließenden Freestyle-Rap ein brillantes Duell mit den Kollegen von Stetsasonic liefert. Oder wenn der große Bobby Womack (dem eigentlich eine neu zusammengestellte, aber unangenehmerweise nicht fertiggestellte Box seiner gesammelten Vinyl-Werke übergeben werden sollte) aus dieser Peinlichkeit einen improvisierten a-capella-Auftritt bastelt. Das sind Momente, bei denen das ohnehin willige Publikum zu einer kollektiv groovenden Schar weiß-schwarzer Tanzjünger wird. Da störte keinen, daß mitunter der Beat vom Band kam und im Halbplayback gerapt wurde. Die Atmosphäre stimmte, eine einzige große Party tanzte im Zelt. Ein Anblick, der die Village People, die Disco-Veteranen aus den Seventies, wohl derartig gerührt haben muß, daß sie – am Ende des zweiten Tages – zu Hochform aufliefen. „YMCA“, „In The Navy“ oder auch „Macho Man“ – Klassiker, die in Berlin exzessiv gefeiert wurden.
Neben den Village People überraschten in der zweiten Nacht UTFO, hartes Old-School-Hip-Hop-Trio. mit einem leider viel zu kurzen Auftritt.
Der ständig drängende Zeitplan war sowieso eines der Probleme des Festivals. Selten mehr als 20 Minuten für eine Band, hektische Wechsel, keine Zeit für ruhigere Momente. Vielleicht wäre etwas weniger doch mehr gewesen.
Der letzte Tag versöhnte auf der ganzen Linie. Zunächst wurde „Atonalia“ Langsdorf zugunsten von Spitzen-DJ Tim Westwood abgeschossen, dann kam Donna Allen, massig und schwarzgewandet, und räumte ab. „Joy and Pain“: Sex. Soul und Schmerz in der Stimme. Ein Volltreffer. Was man vom vielgepriesenen Zwillings-Duo Twin Hype nicht gerade behaupten kann. Unkoordiniert scratchte ihr DJ King Shameek. einfallslos rapten die beiden. Kein Vergleich zum ausgezeichneten Album. Zum krönenden Abschluß trumpften dann Digital Underground auf. ein kommender Komet der „Beyond New SchooP“. Und spätestens als der definitive Hit „Doowutchyalike“ eingeleitet wurde, trauerte keiner mehr dem ausgefallenen Headliner De La Soul nach.
Wie sagte die Schrift: „Brian schuf die Welt in drei Nächten. Und siehe, sie ward gut.“Yo!