Teddy Park: Der Mann, der alle Hits von Blackpink schrieb…
… und produzierte. Teddy Park ist der Hausproduzent der Produktionsfirma YG Entertainment. Die Hits von Blackpink und aktuell die Solosingle von Lisa „Lalisa“ gehen auf seine Kappe. Wer ist der Mann? Eine Spurensuche.
Im Abspann des Kinofilms „Blackpink – The Movie“, der zum fünften Jubiläum der Band erschien, wurde es noch einmal besonders deutlich: Als die Credits der im Film verwendeten Blackpink-Hits über die Leinwand liefen, stand bei allen Songs meistens nur ein Name unter „Producer“ und „Songwriter“: TEDDY. Das ist allein schon ungewöhnlich, weil Songwriting und Producing im K-Pop oft auf viele verschiedene kreative Köpfe verteilt werden. Es ist aber vor allem beachtlich, wenn man bedenkt, wie viele Abermillionen Plays und Streams allein die Blackpink-Songs in den letzten Jahren gesammelt haben. Man kann also allein mit Blick auf diese Tantiemen vermuten, dass Teddy Park bzw. schlicht Teddy – wie er sich am liebsten nennt – ein sehr reicher Mann ist. Und einer, der sein Handwerk versteht.
Seoul, New York, Kalifornien, Seoul
Teddy, der eigentlich Park Hong-jun heißt, wurde 1978 in Seoul geboren. Seine Eltern zogen jedoch bald mit ihm nach New York, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Musik interessierte ihn schon immer. Zunächst lernte Teddy Klavierspielen, wurde aber im New York der 80er und 90er natürlich mit HipHop angefixt. Die Familie zog schließlich berufsbedingt weiter nach Diamond Bar in Kalifornien, wo er den ebenfalls koreanisch-stämmigen Danny Im kennenlernte. Die beiden starteten ein Rap-Projekt, sangen in Karaoke-Bars und beschafften sich ihr erstes Aufnahme-Equipment. In der Zeit wurden sie von einem Produzenten entdeckt, der für die K-Pop-Legende Yang Hyun-suk, dem Chef von YG Entertainment, arbeitete.
Dieser Produzent überredete Teddy und Danny, an einer Audition in der Zentrale von YG Entertainment teilzunehmen. Die beiden damals 17-Jährigen reisten also nach Seoul und bekamen noch am gleichen Tag die Chance, eine Idol-Ausbildung bei YG zu beginnen. Teddy war damals zunächst als Rapper und Sänger an Bord, interessierte sich aber schon für das Songwriting und das Produzieren. Teddy wurde, an der Seite seines Kumpels Danny, Teil der vierköpfigen Band 1TYM, die von 1998 bis 2006 existierte und es in der Zeit auf fünf Alben brachte. Ab dem zweiten Album war Teddy bereits nicht mehr nur Performer, sondern erweiterte seinen Einfluss im Schreib- und Aufnahmeprozess. Der Song „One Love“ zum Beispiel war einer jener Songs, die zu großen Teilen auf Teddys Kappe gingen:
Haus- und Hofproduzent bei YG Entertainment
Nach dem Ende der Band blieb Teddy YG Entertainment treu und entwickelte sich zum Haus- und Hofproduzenten. Eine Position, die im K-Pop durchaus alltäglich ist, im westlichen Pop aber selten so explizit zu finden. Am besten passt da vielleicht wieder der Vergleich zur Strategie von Motown Records, bei denen das Holland–Dozier–Holland-Trio eine vergleichbare Rolle ausfüllte. Bei YG durfte Teddy zum Beispiel bei der damals immens erfolgreichen Bad-Boy-Band Big Bang an die Regler und arbeitete mit ihnen an „Sunset Glow“.
Von 2NE1 zu Blackpink
Mit Big Bang (die im letzten Jahr dank des ehemaligen Mitglieds Seungri eher auf ungute Weise Schlagzeilen machten) schlug Teddy dann auch die Brücke zu seinem ersten großen Girlgroup-Projekt 2NE1 (was sich übrigens „Twenty-One“ bzw. „To anyone“ ausspricht), für die er die meisten Songs schrieb und produzierte. Vier junge Sängerinnen, die in ihren Outfits mit koreanischen Stereotypen brachen, auch mal Worte sangen, die man in Südkorea lieber auspiept, und die musikalisch experimenteller waren als die meisten Girlgroups dieser Zeit. Während bei der Konkurrenz noch überzuckerte Sweetness regierte, wurden Bom, Dara, CL und Minzy auch schon mal dark und angriffslustig. Die Band wurde trotzdem mit der knallbunten Single „Lollipop“ an der Seite von Big Bang eingeführt – die allerdings damals schon die bösen Jungs waren. Man sollte das Bunte in Song und Video also durchaus ironisch lesen.
Die Band existierte von 2009 bis 2016, veröffentlichte drei Alben und zahlreiche erfolgreiche Singles. 2NE1 starteten außerdem schon einen amtlichen Versuch, das Land zu erobern, das Teddys Kindheit und Jugend geprägt hatte. Ihr letztes Album „Crush“ (2014) wurde das K-Pop-Album, dasladas zu dieser Zeit am höchsten in den „US Billboard 200“ chartete. Schon bei 2NE1 war Teddy das Mastermind im Hintergrund – und wer noch weitere Parallelen zu Blackpink sieht oder gar hört, der schaue sich mal dieses Video an:
Big Bang statt Lady Gaga
Nach einer längeren Bandpause wurde 2NE1 jedoch aufgelöst und Teddys großes, angebliches Herzensprojekt fand ein Ende, das ein wenig früher ausfiel, als er sich das wohl gedacht hatte. Teddy hatte außerdem zuvor die Chance ausgeschlagen, mit Lady Gaga arbeiten zu dürfen, um sich auf 2NE1 zu konzentrieren. Aber mit seinem Hitgespür (das man geballt im nächsten Video sieht) hatte sich Teddy natürlich längst bei YG etabliert und brauchte sich um Aufträge nicht zu sorgen.
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Sein erstes Projekt nach 2NE1 war das große Comeback-Album „Made“ von Big Bang, das 2015 erschien und von einer Reihe immens erfolgreicher Singles befeuert wurde. Sie alle waren produziert und geschrieben von Big Bangs G-Dragon und eben Teddy Park.
„Quasi das fünfte Blackpink-Mitglied“
Kurz darauf begann schließlich die Arbeit mit jener Band, die dafür sorgte, dass Teddy nun ein wenig mehr im Rampenlicht steht, obwohl er das zuvor eher gemieden hat. Die Rede ist natürlich von Blackpink. Für sie bzw. für Netflix setzte sich Teddy sogar mal wieder vor eine Kamera und sprach über seine Arbeit. Zum Glück erfolgte der Dreh der Doku „Blackpink: Light Up The Sky“ (die unsere Kollegin Emma Wiepking hier recht treffend besprochen hat) inmitten einer Pandemie – also konnte Teddy eine Maske tragen, obwohl die Bandmitglieder dies nicht tun. Im Film stellt er sich so vor: „I’m their producer, songwriter. I’ve written and produced every single song that’s come out so far.“ Es kommt also nicht von ungefähr, dass Jisoo ihn in einer Pressekonferenz mal als „quasi das fünfte Blackpink-Mitglied“ bezeichnete.
Blackpink sind natürlich aus vielen Gründen immens erfolgreich. Nichts läge uns ferner, als die Gesangs- und Performance-Qualitäten, den Style und das Charisma von Jennie, Jisoo, Rosé und Lisa mit diesem Text in irgendeiner Form abzuwerten. Aber man muss eben auch feststellen, dass die Songs neben dem im K-Pop immer allgegenwärtigen Marketing das Rückgrat dieses Erfolgs sind. Obwohl oder gerade weil sie außergewöhnliche Wege gehen. Man denke allein an die Debüt-Single „Whistle“, über die Blackpink selbst einmal sagten, dass der Song eine gewagte Wahl für den Karrierestart war. Weil er sehr minimalistisch beginnt, mit diesem harten Beat, und dann ausgerechnet fast den kompletten Song um ein Pfeif-Sample arrangiert.
Restriktive Veröffentlichungspolitik bei maximaler Hit-Dichte
YG und Teddy fuhren dabei von Anfang an eine sehr restriktive Veröffentlichungspolitik. Nachdem die Fans mit den ersten Songs „Whistle“, „Boombayah“, „Playing With Fire“ und der Ballade „Stay“ 2016 gehörig angefixt wurden, erfolgten weitere Releases erst sehr spärlich. Neben diversen anderen Versionen bekannter Lieder erschien 2017 als einzig neuer Song zum Beispiel nur die Single „As If It’s Your Last“. 2018 kam dann der ganz große Aufschlag, mit diesem Song, der in Verbindung mit der zum Ende des Jahres startenden Welttournee den internationalen Durchbruch brachte:
Die enge Zusammenarbeit zwischen Teddy und Blackpink lieferte derweil auch Futter für Gerüchte in der Klatschpresse. 2017 berichteten diverse Medien, Teddy und Jennie seien ein Paar oder hätten sich zumindest für diverse Dates getroffen. YG Entertainment reagierte darauf mit einem Statement, das eher eine Drohung ist: „The rumor about Teddy and Jennie’s dating are not true. We’ll be taking legal actions against groundless rumors.” So macht man das im K-Pop.
Auch die Solosingles setzen auf Teddy
Obwohl Blackpink sich als Band gerade rar machen, hat Teddy trotzdem schon wieder die nächsten aktuellen Welthits am Start. Er produzierte und schrieb nämlich auch zu großen Teilen die jeweiligen Solo-Singles der Blackpink-Member. Während „Solo“ von Jennie noch hauptsächlich im Teamwork von ihr und Teddy entstand, erweiterte Rosé bei „On The Ground“ den Kreis der Beteiligten beachtlich und holte auch amerikanische Songwriter*innen an Bord. Was man dem Song sehr deutlich anhört.
Die Songs aus Teddys Hirn und Mischpult, die gerade halb TikTok und halb YouTube singen, sind natürlich „Money“ und „Lalisa“ von Blackpinks Lisa. Gerade „Lalisa“ ist ein weiteres Beispiel für Teddys diabolische Genialität. Fand man die Single erst ein wenig schwach, weil Lisa zwar eine fantastische Rapperin und Tänzerin ist, sie den gesungenen Refrain stimmlich aber nur gerade so schafft, fräst sich die catchy Melodie dermaßen ins Hirn, dass man schließlich willenlos und begeistert mitsingt. Und auch das ist eine Qualität seiner Produktion und seines Songwritings: Die Bühne gehört in all diesen Liedern ausschließlich den Künstlerinnen. Sie kriegen immer in perfekter Balance den Raum und die passende Inszenierung für ihre Stärken. Auch das ist wohl das Erfolgsgeheimnis von Blackpink – und ihrem Produzenten und Songwriter. Vor allem weil dieser Effekt immer so schön die von Männern wie Yang Hyun-suk und Teddy Park geprägte Maschinerie im Hintergrund der erfolgreichsten Girlgroup der Welt überstrahlt.