The Can – Fragmente eines Interviews


Wenn man an Köln denkt, sehen die meisten den Kölner Dom vor sich. Köln hat aber ausser solchen „Sehenswürdigkeiten“ auch noch etwas zu bieten, was nicht so einfach wie Bauwerke zu erfassen ist. Ich spreche von Musik, von „CAN“-Musik. Ihr Studio liegt ausserhalb von Köln, in einem Wasserschloss. Hier werden Playbacks angefertigt, geschnitten, und vor allen Dingen Musik gemacht.

An einem regnerischen Nachmittag habe ich mich mit den Beteiligten Irmin Schmidt, Holger Szukay, Michael Karoli und Jackie Liebezeit über das Phänomen „CAN“-Musik unterhalten. Ein weiterer Anlass war die fast fertiggestellte dritte LP „States of the mind“, die im März in Deutschland von Liberty vertrieben wird. Wer die Musik von den CAN schon einmal gehört hat, wird die Gruppe auch auf ihrer dritten Scheibe wiedererkennen. Doch alle Mitglieder sind sich darüber einig, dass diese neue LP ein Schritt nach vorne bedeutet. Damo, der japanische Sänger, der bis vor kurzem noch in der Ungewissheit lebte – Ausweisung: ja oder nein? -, hat sich seit dem Herzberger Festival immer mehr in die Gruppe integriert, so dass er heute als eine echte Bereicherung gelten kann. Spontanität ist das „A“ und „O“ ihrer Musik. Alle Titel basieren auf Improvisation, sind Eigenkompositionen, und drücken die momentane echte und natürliche Stimmung der einzelnen aus. Auf die Frage, „Wie würdet Ihr selbst Eure Musik klassifizieren?“ bekam ich nur ein Kopfschütteln zur Antwort. „Gefühle lassen sich nicht klassifizieren und sich in irgendwelche Schemen hineinpressen“. THE CAN spielen keine Richtung. Sie spielen sich selbst. Und sie möchten immer so verständlich in ihrer Musik bleiben, um bei anderen den Wunsch zu erwecken, es ihnen nachzutun. Mit allem Nachdruck lehnen sich die fünf dagegen auf, auf einen Sockel gestellt zu werden.

Ihre Musik wird hier in Deutschland und in England immer bekannter und beliebter. „Würdet Ihr gegen Kopierer vorgehen?“ „Warum denn? Es ist doch schön, den Leuten Anregungen zu geben und ausserdem finden wir es gut, mit Einschränkungen natürlich, dass andere an unserer Musik solche Freude haben, dass sie sie kopieren“. Bisher ist es aber noch nicht vorgekommen.

Um in Deutschland einen guten Kontakt zu den Zuhörern zu bekommen, werden THE CAN im Laufe des Jahres ausgedehnte Deutschlandtourneen unternehmen, auch Freekonzerte geben, wenn daraus keine Unkosten entstehen. Es stärkt das Selbstbewusstsein einer Gruppe, bei ihren Zuhörern anzukommen. Bisher ist dies mit einigen Ausnahmen auch immer gelungen. Missfallenskundgebungen sind nie so stark gewesen, dass es ein abruptes Ende des Konzertes zur Folge gehabt hätte. Holger sagte: „Wenn man auf der Bühne steht, hat man immer einen sehr sensitiven Draht zum Publikum, man spürt fast körperlich die Reaktion. Wenn alles normal verläuft, oder sogar noch besser als sonst ist, schlägt sich das in unserer Musik nieder, weil letzten Endes unsere Musik von Gefühlen lebt“.

Deshalb nimmt auch keiner eine dominierende Stellung innerhalb der Gruppe ein. Es ist ein ewiges mit-, für- und gegeneinander spielen. Wobei es keine Solisten im alten Sinne geben kann, weil man sich füreinander ergänzt. Irmin, der Organist, ist verheiratet und hat eine Tochter von acht Monaten, die während unseres Interviews munter im Zimmer herumkrabbelte. Seine Tochter beeinflusst ihn sehr, wie er selbst sagt. Auch solche Beeinflussung reflektiert auf die CAN-Musik. Für alle, die THE CAN mögen, werden es einfach immer Irmin, Holger, Michael, Jackie und Damo bleiben, die diese Musik produzieren.