The King


IM GEGENSATZ ZUR REPUBLIK IRLAND IST NORDIRLAND auf musikalischer Ebene nicht gerade ein kreatives Pflaster. Wer aber jemals in Belfast gewesen ist, wird wissen, daß dort seit Jahren ein zweifelhaftes Phänomen blüht: das der „Cover-Bands“. Jedes Pub hat eine solche Combo, das Publikum ist entsprechend verwöhnt: Wehe dem, der das Elvis’sche Lechzen nicht perfekt hinraunt! Dieser tragischen Situation, die noch die seelenvollsten Musikanten zu besseren Jukeboxen degradiert, ist auch der „King“ entwachsen, der die Misere zum Konzept erhebt. Elvis – so erklärt der neue King – habe auch immer Coverversionen gesungen; in diesem Sinne würde er, der King, einfach das Presley-QEuvre um die Songs erweitern,die auch dieser heute seinem Publikum kredenzte, wäre er noch am Leben. Ein gewisses Comedy-Element kommt insofern ins Spiel, als The King sich bei seinen Coverversionen ausschließlich toter Künstler bedient. Auf Papier mag dieses Konzept ziemlich dünn erscheinen. In der Wirklichkeit eines Live-Auftritts wirkt die Sache erstaunlicherweise höchst überzeugend,ja sogar regelrecht freudespendend. The King – stilgerecht ganz in schwarzes Leder gehüllt legt los mit „Blockbuster“ von den Sweet. Darauf folgen ohne Wimpernzucken Joy Divisions „Love Will Tear Us Apart“ und Thin Lizzys Gassenhauer „Whiskey In The Jar“. Das müßte eigentlich böse schiefgehen, tut es aber nicht, denn The King hat eine Truppe von gestandenen Rockern um sich versammelt, die die Sache mit erheblichem Enthusiasmus und Swing angehen. The King selber gewinnt das zynische Publikum für sich, als er mit lupenreinem Elvis-Akzent liebenswürdig witzige Pointen in seine authentisch schleimigen Plaudereien zwischen den Liedern einstreut. Selbstverständlich gehören zum Repertoire auch Songs wie „Suspicious Minds“ und „I Can’t Help Fading In Love“, aber am besten kommen ausgerechnet jene Lieder rüber, die am weitesten vom Ur-Elvis entfernt zu sein scheinen: „20th Century Boy“ von T. Rex etwa ist überaus unterhaltsam, oder aber auch „Come As You Are“ von Nirvana. Die Masche wird sich wohl sehr bald totgelaufen haben. Aber bis dahin ist dieser seltsame Elvis allemal sein Geld wert.