The Who
Hope I die before I get old – als Pete Townshend „My Generation“ schrieb, war er noch zwei Jahrzehnte jünger. Doch das ist nicht das einzige Who-Zitat, das heutzutage ziemlich ironisch wirkt. Man stelle sich den 45jährigen Roger Daltrey vor, der zusammen mit einem Chor von 40.000 Teens in „Baba O’Riley“ das „Teenage Wasteland“ besingt, um zum krönenden Höhepunkt alle zum Mitschunkeln zu animieren: „We’re all wasted!“ Von wegen alle kaputt: Diese Kids sind straight.
The Who hatten schon immer, so behaupten sie, eine ganz besondere Beziehung zur Großstadt Toronto. Immerhin verabschiedeten sie sich hier 1982 von ihren Fans. Das war der Auftakt für eine zwei Monate lange Tour, in deren Verlauf es auch zwei Aufführungen der Rock-Oper „Tommy“ geben soll. Obwohl The Who längst nicht mehr die rauhen Boys mimen, die ihre Instrumente auf der Bühne kurz und klein schlagen, schaffen sie es trotzdem auch heute noch, Bilder aus jener wilden Vergangenheit zu beschwören. Daltrey und Gitarrist Pete Townshend treiben wie gehabt das sehenswerte alte Spielchen der duellierenden Windmühlen: Townshend läßt die Arme über die Saiten rotieren, Daltrey schwingt das Mikrophonkabel wie ein Lasso.
Doch solch heldenhafter Geist kann fehlende Kampfkraft nicht ersetzen. Townshends Gehörschaden ist nämlich mittlerweile so schlimm, daß er nicht mehr Leadgitarre spielen kann. So übernehmen Session-Musiker und Background-Sänger das Hauptgewicht der Show – vor ein paar Jahren wäre das undenkbar gewesen. Trotzdem entwickelte sich das Konzert zum Erlebnis. Nach einer halben Stunde mit dicht orchestriertem Material aus „Tommy“, darunter Stücke wie „Acid Queen“, „Pinball Wizard“ und „Overture“, folgte ein kurzer Set von Solonummern aus Townshends neuem Album (RON MAN, was jedoch nur sehr verhaltene Reaktionen erntete.
Das Publikum tolerierte selbst derart lahme Ausschweifungen – schließlich kam es im Rest der Show noch auf seine Kosten – mit einer Oldie-Tour, die von „My Generation“ bis „Who Are You“ führte und die alles bot, was aus dem Who-Repertoire zur Verfügung steht, ob „Magic Bus“ oder „I Can’t Explain“. Aber sogar Townshend selbst nannte die neue Who-Show selbstkritisch „eine Handvoll Musiker, die Who-Material spielen“.