Thompson Twins


Two years older, two years wiser“, sagt Alannah. „Und Lichtjahre netter “ ergänze ich im Geiste, während sie mich so lieb anlacht, daß ich die letzte Maschine am Abend liebend gern ohne mich hätte starten lassen…

Vor zwei Jahren sind wir uns nämlich schon einmal begegnet, als sie einen Wutanfall bekam, weil ich ihr in einem Londoner Restaurant den Sitzplatz streitig gemacht hatte. Die Thompson Twins hatten – damals noch zu fünft – gerade ihre erste Headliner-Tournee beendet und wollten mit Freunden das letzte Konzert begießen, als ihre damalige Plattenfirma sie offenbar ohne Vorwarnung mit einer Reihe ausländischer Journalisten beglückte Was zu einem ganz außerordentlich peinlichen Abend für alle Beteiligten führte.

Und die Thompson Twins hatten ein gutes Gedächtnis, erkannten in mir sofort den ungebetenen Gast von damals wieder. Mag sein, daß Tom Bailey, Joe Leeway und Alannah Curne deshalb jetzt besonders liebenswürdig waren, mag sein, daß sie sich überhaupt verändert haben.

Von dem einstigen Chaoten-Haufen ohne Geld und klares Konzept, von dauernden Besetzungs-Änderungen geplagt, ist nicht mehr viel übriggeblieben. Statt mit Independent-Singles von einer Finanzklemme in die nächste zu stolpern, sind sie auf Hits umgestiegen. „Love on your side“ hat den Erfolg auf ihre Seite gebracht: Handfeste Charts-Notierungen in den USA und im britischen Mutterland sind der sichtbare Beweis.

„Vor einem Jahr“, erzähl‘ Joe Leeway, „haben wir eine große Liste gemacht, nachdem wir Drei von der alten Band übriggeblieben waren Wir haben genau festgelegt, wohin wir wollen und wie lange wir uns dafür Zeit geben, mit weichen Songs und mit welchem Image wir unser Ziel auf geradem Wege erreichen können.“ Sechs Monate, in denen sie vorgaben, nach Ägypten ausgewandert zu sein, nutzten sie für die Vorbereitungen, um anschließend auf die Bahamas zu fliegen, wo ihr neuer Produzent Alex Sadkin auf sie wartete, dessen Name ansonsten mit Grace Jones verknüpft ist.

Vorbei sind die Zeiten, als spröder aber anspruchsvoller Funk mit afrikanischen Einflüssen den Ton angab Das Album QUICK STEP & SIDE KICK ist eine Platte aus einem Guß, freilich aus Zuckerguß manchmal.

Die Thompson Twins, von Zwillingen übrigens keine Spur, wollten die Wende: „Früher hieß es immer: Die sind ja ganz nett, aber… Wir wollen nur noch klare Schwarzweißentscheidungen, die Leute sollen uns mögen oder hassen, aber das bitte ohne Einschränkungen “ Für die Drei, denen übrigens deutsche Gruppen wie Can oder Malaria viel bedeuten und die Trio gern mal kennenlernen würden, heißt der nächste Schritt Amerika, generalstabsmäßig geplant. Drei Monate Tournee, aufwendige Werbekampagne, weitere Hits – dann müßten sie eigentlich durch sein. Und wir können unsere Verabredung wahrnehmen im chinesischen Restaurant, dem besagten.