Throwing Muses
Gefühle, Geister und Gitarren: Frontfrau Kristin Hersh setzt mit dem neuen Album 'University' auf die Kraft inhaltsschwerer Aussagen
Bei Kristin Hersh, Frontfrau der Throwing Muses, gehen Privatleben und Rock’N’Roll eine selten unkomplizierte Ehe ein, die nun schon seit fast zehn Jahren und acht Alben hält: „Es macht keine große Mühe, Kristin Hersh zu sein. Manchmal ist es sogar ein richtiges Sahnestück. Du stehst auf, sagst der Familie ‚Guten Morgen‘ und machst vielleicht das Frühstück fertig. Was eben alle machen. Manchmal probst du mit deiner Band oder gehst auf Tour und gibst Interviews, wenn gerade eine neue Platte erschienen ist.“
Kristin Hersh ist Rock-Lady, Hausfrau und Mutter zweier Söhne. Drei Seiten ihres Lebens, von denen die Sängerin und Chefin der US-Gitarrenband Throwing Muses keine mehr missen möchte: „Alles zusammen macht mein Leben erst so gesund und gut. Das ist das wahre Leben: Heiß und süß, schwer und stark.“
Eine Beschreibung, die auch auf die 14 Songs des neuen Throwing Muses-Album ‚University‘ zutrifft. Heiße Feedbacks verschmelzen mit süßen Melodien, dazu gibt’s bedeutungsschwere Worte von Frau Hersh und starke Gitarren-Tornados. Und alles wirkt so wunderbar frisch, als käme es vom ersten Album einer ambitionierten Newcomer-Band. Falsch. Die Throwing Muses – neben Kristin Hersh und Drummer David Narcizo aus der Ur-Besetzung der neue Baßmann Bernard Georges – machen immerhin schon seit fast neun Jahren Musik. 1986 erschien die 10-Track-Debüt-CD auf dem britschen 4AD-Label, die die Band noch kurz vor den Label-Kollegen Pixies ins Rampenlicht des US-Undergrounds hievte. Throwing Muses – das war eine Kraft, die sich in den Wortströmen von Kristin Hersh zu einer neuen, stets am Abgrund taumelnden Rock-Musik bündelte und ihre Platten und Konzerte zu Ausnahme-Erlebnissen machte. Nach vier weiteren Alben und Kristin Hershs akustischer Solo-CD ‚Hips And Makers‘, zu der auch R.E.M. Michael Stipe als „Fan“ seinen stimmlichen Beitrag ablieferte, wurden im vergangenen Jahr erstmals Gerüchte über ein Ende der Band laut. Doch Kristin Hersh wischt sofort alle Bedenken vom Tisch: ‚Hips And Makers‘ und ‚University‘ haben wir zur gleichen Zeit aufgenommen, die Muses-Platte wird nur viel später veröffentlicht. Alles, was ich mir wünsche, ist, daß diese Band zusammenbleibt und daß wir unsere Rente mit den Muses einfahren können.“
Die Voraussetzungen dafür könnten besser nicht sein: Von den Songs des neuen Albums wird der Hörer immer wieder magisch angezogen, auch wenn sie einem den leichten Zugang hartnäckig verweigern. Kristin Hersh schreibt über Geister und Gefühlszustände und läßt Worte und Bilder in eine wohlfeile Gitarrenpracht fallen, die auf mystischen Flügeln angeflogen kommen. Einzige Ausnahme auf dem neuen Album ist ‚Crabtown‘, „Das ist der erste Song, in dem ich von einem real existierenden Ort singe“, erzählt Kristin Hersh. „‚Crabtown‘ ist die Strandgegend, in der David, ich und zahlreiche Freunde aufgewachsen sind. Dort gab es eine Seite für die Reichen und eine für die Armen. Die Reichen waren alle Mitglieder eines exklusiven Clubs. Der Kennedy-Clan ließ sich manchmal auch blicken..Meine Eltern und ich waren natürlich keine Club-Mitglieder, wir mußten an der Ecke zum Krabbenstrand sitzen.“