Um ihre Midlife-Crisis zu überwinden, erfanden Built To Spill eine ganz neue Art, wie Rockmusik entstehen kann


Ich höre mir keine neue Rockmusik an. Das paßt wunderbar zu den Schilderungen vom Leben in der Luftblase, die Doug Martsch seit der Gründung von Built To Spill 1992 bewohnt. Und er fügt hinzu: „Leben wir nicht alle in einer Luftblase? Selbst wenn du die Strokes und all die jungen Gitarrenbands hörst, es kommt doch darauf an, wie Musik dich berührt.“

Built To Spill haben die vielen Jahre einfach mitgenommen und markieren mit jeder neuen Platte den Ort, an dem der Postpunk noch einmal aus den US-Vorstädten trat, gemeinsam mit Guided By Voices und Pavement. „Wenn du so lange mit einer Sache beschäftigt bist, gibt es Höhen und Tiefen, manchmal auch diese Leere“, sagt Mansch. „An das neue Album sind wir voller Enthusiasmus gegangen. Ab einem gewissen Punkt mußt du aber einfach die Platte machen, egal wie deine Stimmung gerade ist. „Mit soviel Abgeklärtheit hält der Songwriter aus Boise, Idaho, Built To Spill immer noch beisammen. „Am Anfang war die Idee, die Band durch wechselnde Besetzungen interessant zu haken. Es folgte eine Zeit mit festem line-up und Gastmusikern. Dann gab es eine Burn-out-Phase vor unserem vorletzten Album Ancient Melodies Of The Future. Ich war den Indie-Rock und Built To Spill einfach leid.“

Martsch nahm eine längere Auszeit, vergrub sich in alte Blues-Platten und suchte eines Tages wieder den Kontakt zu seinen Kollegen. „Wir begannen zu jammen. Zwei Bandmitglieder leben in Seattle, zwei in Boise. Wir haben uns nur hier und da getroffen, herumgespielt und das Band immer zehn, 15 Minuten mitlaufen lassen. Auf der Suche nach einem Groove oder einer guten Akkordfolge. Jeder konnte seine Einflüsse ausspielen. Bei mir waren das Reggae und alte Soulsongs.“

Aus den Aufnahmen schnitt Martsch Hunderte von Schnipseln, die ihm dieses gute Gefühl schenkten: „Da ist was drin. Das waren oft nur 20 Sekunden, kurze Ideen, die ich mit älteren Ideen kombinierte. Auf eine Art ist diese Platte spontan, weil jeder mit seinen Parts vertreten ist.“ Auf andere Artist You In Reverse ein unter Ächzen und Suchen entstandenes Rock-Epos ohne Studiopolitur, im selben Maße schwer und schwierig, voller Melodie und Verbindlichkeit. In „Conventional Wisdom“ hat man beides auf engstem Raum. Manchmal klingt die Platte auch wie der jüngere Bruder von Neil Youngs Zuma (1975).

Ende März mußte sich Martsch einer Augenoperation unterziehen, mit allen Komplikationen und Depressionen. Doch er denkt schon wieder nach vorne. „Es gibt noch $0,40 coole Built-To-Spill-Schnipsel, die nach Songs suchen.“Die nächste Platte ist also schon ernsthaft in Vorbereitung: „eine Art Compilation mit Songs, die wir in verschiedenen Studios zu unterschiedlichen Zeiten aufnehmen.“