Verlorener Sohn
Familienbande: Der Sohn von Folk- Visionär Tim Buckley fungiert als filigraner Pop-Poet
„Mein Vater“, grübelt das schmächtige Bürschchen mit dem wirren Haar und dem verlorenen Blick, „mit dem habe ich nun gar nichts zu tun. Ich kenne noch nicht mal seine Lieder sonderlich gut. Seine Musik befremdet mich eher, als daß sie mich inspiriert.“
Jeff Buckley hat mit 27 Jahren die Last des legendären Vaters zu tragen: Tim Buckley, Wanderer zwischen Jazz, Blues, Folk und experimenteller Improvisation starb 1975 an einer Überdosis Heroin. Zu Lebzeiten verkannt, gilt der stets unruhige Innovator inzwischen als einer der begnadetsten Singer/Songwriter des Amerikas der Nachkriegszeit.
Und genau in dieser Tradition steht Buckley Junior auch wenn er es nicht wahrhaben will. Denn auch der Sohnemann verarbeitet Einflüsse aus Jazz und Blues, Folk und Rock, aber als Kind seiner Zeit bedient er sich zudem bei Punk und Alternative Rock. Sein erstes Full-Length-Album ‚Grace‘ enthält Songs jenseits aller Trends und Hörgewohnheiten, beseelt leidenschaftlich, zerbrechlich und von einer geradez! unheimlichen Mystik und Magie. Die zehn Titel, die Buckley mit Bassist Mick Grondahl und Drummer Matt Johnson eingespielt hat, klingen intim, brachial und manchmal geradezu schmerzhaft aufrichtig. „Ich fühle mich“, stöhnt Buckley denn auch herzergreifend, „sehr oft schrecklich depressiv, weil mich die ganze Existenz hier anödet. Die Musik ist mein einziges Mittel, um mich stark zu fühlen und um mit der Welt da draußen zu kommunizieren.“
Stimmt. Von der Musik wird Jeff in eisernem Griff gehalten, seit er 13jährig seinen ersten Song komponierte. Mit 17 verließ der „wurzellose, ewige Tramp“ (Buckley über Buckley) sein Elternhaus in Südkalifornien, zog ein paar Meilen gen Osten nach Hollywood und machte sich dann auf den Weg zur Lower East Side von New York, wo er seitdem lebt. Nach diversen Band-Engagements fühlte sich Jeff Buckley erst 1992 reif genug, als Solist die eigene Musik der Öffentlichkeit zu präsentieren. Für eine Handvoll Dollar spielte er sich durch sämtliche Clubs in New York. In einer dieser endlosen Nächte entstand der Mitschnitt zum Mini-Album ‚Life At Sine‘, Jeffs erstes Lebenszeichen auf CD vor ‚Grace‘.
„Ich mag diese Platten“, murmelt Jeff, „aber sie sind mir ein bißchen zu unpersönlich. Doch ich arbeite schon an neuen Liedern. Die werden viel intimer als bisher klingen.“ Ganz der Vater. Jeff Buckley kann seine Herkunft eben doch nicht abstreiten…