Wayne Kramer
Für einen kurzen und gloriosen Augenblick“, urteilte die US-Presse Ende der Sechziger Jahre, waren MC5 „die aufregendste Band Amerikas“. Kein Wunder, denn das radikale Quartett aus Detroit beschwor nach dem Motto „Kick out the jams, motherfuckers“ („Schmeißt alle Hemmungen weg, Arschlöcher“) die angenehmen Seiten des Hippie-Revolutionsprogramms: Freie Liebe, Sex auf der Straße, Drogen ohne Ende. Ein Lebensstil, der seinen Tribut forderte: Sänger Rob Tyner und Gitarrist Fred Smith sind tot. Der andere Gitarrero, Wayne Kramer (46), hat überlebt und wohnt heute in L.A. – frei von Drogen- und Alkoholproblemen. „Ich war damals 24, als MCs auseinanderbrachen. Ich verlor alle meine Brüder. Da war ein großes Loch, mit dem ich lange nicht klar kam. Mein Job war es, Rockmusik an ihre Grenzen zu treiben. Klar, damals als junger Typ war ich sehr stolz, in einer Band wie MC 5 zu sein, einer der größten Rock’n’Roll-Bands aller Zeiten. Aber das war damals.“ Und heute? In der Gegenwart ist Wayne Kramer für viele Gitarristen der Hardcore-Szene Inspiration und Vorbild zugleich. Auf seiner neuen CD ‚The Hard Stuff sind Musiker von Bad Religion, den Melvins, Clawhammer, Pennywise und Suicidal Tendencies zu hören. Das Album ist ein monumentales Hardrock-Statement der Neunziger Jahre geworden. „Der größte Unterschied zwischen damals und heute ist für mich nicht die Musik. In L.A. gibt es auch jetzt eine sehr lebendige Szene, die es leicht mit den Sixties aufnehmen kann. Damals war Rock’n’Roll noch richtig gefährlich. Die Polizei tauchte regelmäßig bei unseren Gigs auf. Wir glaubten, mit unserer Musik die Gesellschaft verändern zu können. Aber wir änderten nur den Lebensstil der Leute.“ Wenn Wayne Kramer über Rock’n’Roll philosophiert, spürt man, da sitzt ein 2ooprozentiger Musiker. Ein Rockverrückter, der trotz aller Erfahrungen den Kontakt zum Jetzt nicht verloren hat, wie die Freundschaft zu einem ganz besonderen Nachbarn beweist: „Henry Rollins wohnt zwei Blocks von mir entfernt. Wir trafen uns zufällig vor ein paar Jahren. Ich schätze seinen Arbeitsstil und seine Denkweise über alles. Der ganze Rock-Mythos – Parties, Mädchen, Saufen – ist für ihn eine große Lüge. Henry hat Recht: Das einzige, was zählt, ist die Arbeit.“ Aktuelles Album: ‚The Hard Stuff‘ (Semaphore)