Stilkolumne

Wie Kanye West & Frank Ocean die Modewelt revolutionieren wollen


Kanye West revolutioniert das Jacken-Design und Frank Ocean verkauft Diamanten. Wer braucht schon Knöpfe? Die aktuelle Stil-Kolumne von Jan Kedves.

Wer von Europa aus auf www.gap.com/yeezy zugreifen will, um sich anzusehen, was für Klamotten Kanye West jetzt mit der Modekette The Gap verkauft, der bekommt keinen Hinweis à la „Tut uns leid, die Kollektion ist nur in den USA erhältlich“. Sondern einfach nur eine leere weiße Seite mit „Access denied“. Das trägt mal wieder zum Eindruck der Verpeiltheit bei, der in den vergangenen Jahren Wests Schaffen begleitet hat, auch musikalisch, politisch sowieso.

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Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander

Irgendwie liefert West ja ab, teils sogar Beachtliches, aber meist geht dabei so viel schief. Jetzt wirkt sogar die Gap-Website chaotisch, oder ist das Teil von Wests Masterplan? Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander und lassen die Kassen klingeln? Wie auch immer: Nachdem die Sneakers aus seiner Yeezy-Kooperation mit Adidas neue Standards im Turnschuh-Design gesetzt haben und von Hipstern auch 2021 noch gejagt und stolz getragen werden, produziert West nun mit The Gap weitere Design-Hits.

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Besonders seine „Round Jacket“ aus Recycling-Polyester für 180 Dollar. Die hat man auf der Straße noch nie gesehen, online werden aber allein die Vorbestellungen schon für das Vielfache gehandelt. Ästhetisch führt die Jacke nahtlos die Hovercraft- und Gummizellen-Ästhetik seiner Sneakers fort, fett aufgepumpt und gepolstert. Es gibt sie in Mülltütenblau, Feuerwehrrot und blackest black. Die Jacke lässt – da ist West schon genial – es völlig logisch erscheinen, dass man aus ästhetischen Gründen bei einer Pufferjacke auf jegliche Reißverschlüsse und Druckknöpfe verzichten muss. Winter? Dank global warming gibt es den eh nicht mehr, da kann die Jacke ruhig immer offenstehen. Wahnsinn.

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Völlig ohne Wahnsinn: Frank Ocean

Völlig ohne Wahnsinn: Frank Ocean. Der ist nun auch Designer, mit eigenem Schmuckladen in New York namens Homer. Wie viele Leser*innen denken an den Simpsons-Vater und erst danach an den antiken Dichter? Jedenfalls: Mit seinen Ohrringen, Kettenanhängern und anderem Geschmeide verfolgt Ocean eine schlaue Strategie. Er kombiniert bunte Popkultur-Referenzen (Pacman, Keith Haring, KAWS, Takashi Murakami) mit edlen Materialien und ethischem Anspruch.

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An den Diamanten, die Homer verarbeitet, klebt kein Blut von afrikanischen Minenarbeitern, sondern sie sind gezüchtet im Labor in Plasma-Reaktoren mit krass viel Druck. Sind sie deswegen fake? Der Preis von 1,9 Millionen Dollar für eine diamantbesetzte Homer-Weißgold-Kette mit Kreuz-Anhänger ist nicht fake. Vermutlich schätzt Ocean die finanzielle Polsterung eines Teils seiner Fans sogar völlig richtig ein. Das Weihnachtsgeschäft startet bald.

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Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 10/2021.