Wie Ok Computer das Leben von Keane-Sanger Tom Chaplin veränderte.


„Als Ok Computer erschien, kam ich gerade aus der Schule. Ich ging für sechs Monate oder so nach Südafrika, und Richard, unser Drummer, hatte mir ein Tape mit dem Album gesehen. Alles, was ich hatte, war ein kleiner Cassettenrecorder – ich glaube, das Ding war noch nicht mal Stereo – und ein Tape mit Ok Computer. Ich weiß noch, wie ich Abend für Abend stoned unter den Sternen lag und wie Ok Computer in mein Bewusstsein sickerte wie ein Ruf zu den Waffen. Die Musik war so ambitioniert, so weit vorn!

Weil ich kein CD-Booklet oder so hatte, musste ich mir viel selbst zusammenreimen, was die Texte anging. Seine Stimme ist ja oft sehr tief im Mix begraben, und dann ist da ja das klassische Thom-Yorke-Ding, ganze Zeilen zu einem Nuschler zusammenzuziehen. Aber langsam, Schritt für Schritt wurden die Texte klarer, und sie sagten mir viel über die Welt, in der ich lebte. Diese düstere Selbstmörder-Banalität der britischen Vorstädte in „No Surprises“, und auf der anderen Seite „Paranoid Android“, wo es um die Welt der Yuppies geht.

„Let Down“ ist vielleicht mein Lieblingssong überhaupt. Der Song ist so bittersüß und musikalisch so wunderschön und funkelnd, und doch geht’s im Text darum, dass dich am Ende alle hängen lassen werden. Ich bin sicher, dass dieses „let down and hanging around“ etwas ist, das viele Bands kennen. Als Band will man immer weiter, ein Level höher, man ist nie ganz mit * dem zufrieden, wo man ist. Und da ist immer dieses Gefühl, im Stich gelassen zu sein, eine Unzufriedenheit mit dem Stillstand. Dieser Song geht dem wirklich auf den Grund. Ich liebe dieses Bild im Song von Leuten, die sich an ihre Flaschen klammern, „clinging onto bottles“. Dieses Ding, dass Leute Trost im Alkohol suchen, diese denkbar falscheste Form des Eskapismus – ich denke, das ist für mich ein recht stimmiges Bild. ok Computer fühlt sich für mich weniger politisch an, eher wie ein Protokoll der verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche, mit denen Thom Yorke auf seinen Reisen in Kontakt gekommen ist. Und diese ganzen Eindrücke von technischer Revolution und Innovation – neue Technologien waren damals dabei, ganz neue Welten zu erschließen, Ok Computer fasst das alles zusammen, wie es war, 1997 zu leben. Außerdem passt das Album sehr gut zum Leben eines Musikers on the road: dieses Gefühl des Unterwegsseins, so viele verschiedene Orte, so viele seltsame Erlebnisse…“