Will Sheff (Okkervil River)


Mein erster Lieblingssong war …

THE BEACH BOYS – I GET AROUND

Zuerst hatte ich viel von The Monkees gehört. Dann bat ich meine Mutter, mir eine Kassette mit Songs von den Beach Boys zusammenzustellen. „I Get Around“ hatte mich sofort beeindruckt. Der Song war wie ein Schokoladenriegel, den man gerade geschenkt bekommen hat. Mir gefielen die Falsettstimmen, die zuckersüße Pop-Qualität, das Orgelspiel und diese eine Zeile: „I’m a real cool head, I’m making real good bread“. Es war des Höhepunkt des Tages, wenn ich die Zeile hörte.

Ein wichtiger Kauf in meiner Jugend war …

EAZY-E – EAZY-DUZ-IT

Ich kann mich nicht genau erinnern, welche Platte ich mir zuerst von meinem eigenen Geld gekauft habe. Ich weiß noch, dass ich die Kassette von Michael Jacksons THRILLER zum Geburtstag bekommen habe. Das war ein großer Tag für mich. Eine Zeit lang war ich komplett besessen von ihm. Ich träumte sogar davon, mal eine Weile mit Michael zu leben. Definitiv erinnere ich mich, dass ich mir diese Kassette von Eazy-E gekauft habe. Das war die Musik, die Ende der Achtziger alle in Aufregung versetzte. Man lief mit ihr im Ohr die Straße entlang und fühlte sich dabei ein bisschen größer. Mein Lieblingssong war „Radio“. Den muss ich millionenmal gehört haben.

Ein wichtiges Album der elektronischen Musik ist für mich …

ARTHUR RUSSELL – CALLING OUT OF CONTEXT

Ich habe grundsätzlich ein Problem mit der Benutzung des Begriffs elektronische Musik. Was ist das? „Telefone“ von Sheena Easton ist elektronische Musik, Whitney Houston auch und HipHop-Tracks werden mit elektronischen Instrumenten produziert. Wenn man mal den normal geltenden Maßstab zugrunde legt, ist Arthur Russell mein Lieblingskünstler auf diesem Gebiet. Er war ausgebildeter Cellist, der sich irgendwann für Leben und Musik der New Yorker Schwulenszene zu begeistern begann. Er produzierte avantgardistische Disco-Songs und Proto-House-Sachen, war auch als Songschreiber eine Wucht.

Der Song, der für mich das Leben im Tourbus erträglich macht, ist …

THE ROLLING STONES – MEMORY MOTEL

Dieser Song bringt am besten zum Ausdruck, wie es sich auf Tour anfühlt. Man kann sich dazu herrlich selbst bemitleiden, wenn man mal wieder ungewaschen und müde ist oder kurz vor einer Erkältung steht. Andererseits steckt darin auch das Gefühl des Abfeierns und des Trinkens. Ich höre da den Stolz, den man spürt, wenn man mal wieder über die Stränge geschlagen hat. Wenn ich im Bus sitze und das höre, fühle ich mich besser.

Eine wichtige Inspiration für Okkervil River ist …

THE INCREDIBLE STRING BAND – WEE TAM AND THE BIG HUGE

Ich hatte in meiner Schulzeit diesen Kumpel, der sich gut mit weniger bekannten Künstlern auskannte. Er stand unglaublich auf The Incredible String Band und hat mir eine Kassette mit diesem Album drauf aufgenommen. Die Leute glauben ja immer, dass Okkervil River wegen der Instrumentierung von Country-Musik beeinflusst sind, aber für mich spielt keltische Musik oder Folk von den britischen Inseln eine größere Rolle. Bei der Incredible String Band kommen schottische und irische Elemente, amerikanischer Blues und Einflüsse der nordafrikanischen Musik und der indischen Klassik zusammen. Bandleader Robin Williamson glaubte, man könne mit Musik die Welt verändern. Ich denke bei dieser Band an Heilung, Zauber, Medizin, Aggression und Protest. Auf so eine Mischung möchte ich mit meiner Band auch hinarbeiten.

CD im ME S. 19, Albumkritik S. 106

Will Sheff wurde am 7. Juli 1976 in Meriden im US-Bundesstaat New Hampshire geboren. Er spielt Gitarre, Piano, Banjo und Harmonika und setzt diese Kenntnisse seit 1998 hauptsächlich in der in Texas beheimateten Band Okkervil River ein. Ende September erscheint mit THE SILVER GYMNASIUM das siebte Album der Band. Im Vergleich zu den Vorgängern hört man eine stärkere Pop-Tendenz und den Einfluss von Dexy’s Midnight Runners.