Working Week


Sonntagabend in der Frith Street, London. Vor Ronnie Scott’s Jazzclub prangt riesig das Schild „Ausverkauft“. Lässig stehen die Nacheiferer der „Absolute Beginners‘-Filmstars in der Schlange und werden in Grüppchen an die Tische geführt. Wegen TV-Aufnahmen geht’s im knallvollen Club überpünktlich los.

Larry Stabbins gibt mit einem kurzen Nicken seines Saxofons das Zeichen — und furios setzt die Band zum lnstrumental-lntro ein. Von Anfang an ist unübersehbar, daß Multi-Instrumentalist Stabbins. zusammen mit dem kaum nachvollziehbar schnellen Gitarristen und Co-Arrangeur Simon Booth, den Ton angibt. Aber noch etwas wird auch gleich nach ihrem Erscheinen klar: Was wäre Working Week ohne Juliet Roberts?

Frenetisch begrüßt greift sie zum Mikro, verliert einen Ohrring, kickt ihn weg und schmettert ohne sichtbare Anstrengung los. Sie übernimmt auch die Ansage der folgenden Stücke, grinst frech und verspricht: „Ich bin ja bekannt für meine große Klappe, aber heute schenk‘ ich mir die Frechheiten und werde nur damit singen. “ Julie untertreibt, denn sie singt nicht einfach, sie jubiliert, tut aber gleichzeitig so, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt.

Die beiden Neuzugänge bei WW sind eine hörbare Bereicherung; Bassist Chucho Merchan spielt sensibel und mit gehörigem Druck, und Leroi Osborne glänzt und betört durch seine samtweichen, Al-Green-ähnlichen Vokalkünste. Am angenehmsten aber fällt auf, daß WW auch endlich ihr oft allzu cooles Image durch heftige Spielfreude über Bord werfen konnten. Es sieht so aus, als sei die Mischung aus bewährten Bandmitgliedern (wie der vor Temperament platzende Percussionist aus Brasilien, Bosco D’Olivera, und der auf seinen Tasten tänzelnde Pianist Kim Burton) und dem bereits erwähnten frischen Blut, die musikalische Mixtur aus Jazz, Soul, Pop, Hip-Hop und Verwandtem, genau das, was WW einmalig macht.

Endlich klingt die Band so. wie man es von ihr seit langem erwartet hat: Hochmusikalisch plus Saft und Kraft. Simon Booth vor einem Jahr: „Wir wollen keine Kunstkapelle sein, sondern eine lebendige Band.“ Ziel erreicht, Simon!