Yann Tiersen: Rudolstadt, Tanz- und Folkfest
Auf der Bühne demonstriert der Bretone seine ganze Bandbreite - und führt seine Introvertiertheit spazieren.
Walzer kommt von „walzen und das bedeutet „sich drehen“. Kein Wunder also, dass Yann Tiersens verspielte Musette-Miniaturen im Dreivierteltakt, in die sich Regisseur Jean-Pierre Jeunet ganz besonders verliebt hatte, als er die Musik für Amelies fabelhafte Welt auswählte, anregen zu den immer gleichen Vergleichen: Tiersen macht uns die Kirmes im Kopf. Ein Soundtrack zum Gang durch Montmatre aus der Hans-guck-mit-großen-Kinderaugen-in-die-Luft-Perspektive – hoch zu den zierratreichen Giebeln, hinauf zum Himmel, wo die Wolken ihr Bilderspiel treiben. Auch auf der barocken Rudolstädter Heidecksburg lassen sich heute Abend bestens Wolkenbilder deuten, während der Überflieger aus Frankreich mit seiner Kapelle mal stürmisch kammerorchestral walzt und wirbelt, dann verzückend nahe am Kitsch Fingerübungen am Flügel unternimmt, als musiziere er für die“.Zärtlichen Cousinen“. Die Lieblichkeit und tiefe Romantik der Kompositionen des gebürtigen Bretonen ist bestechend, die Tragik anrührend, nur Tiersen selbst scheint ihr spielfreudiger Vortrag eher mürrisch zu stimmen. „Danke! .verschluckt er nur, ignoriert ansonsten das um sein Hingerissensein kein bisschen verlegene Publikum und wechselt konzentriert und abgewandt vom Akkordeon zum Kinderklavier zum Vibraphon zur Gitarre … Dann eben: Augen zu und durch. Wer sich so dahin träumt, verpasst, wie Tiersen den Geigen-Derwisch gibt oder später sogar rockt. Mit einer Band, die dann die Dynamik gerne ein wenig schleifen lässt und dem Lärm huldigt. Ein paar Romantiker, die eigentlich nur mit Amelie walzen wollten, rücken näher an den Ausgang. Und Yann wirkt für ein paar Momente fast gelöst.
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