„Z Nation“: Am Set der lustigsten Zombie-Serie der Welt
Am 07. März läuft auf Syfy die finale „Z Nation“-Staffel an. Wir waren bei den Dreharbeiten in Spokane, USA, und sprachen mit den Machern über hungrige Untote, den untoten US-Präsidenten und die Zukunft des Horror-Genres.
Zwar sanken die amerikanischen TV-Quoten von Staffel eins an nahezu unaufhörlich, von durchschnittlich 1,42 Millionen Zuschauern pro Folge in der ersten Season auf 480.000 in der letzten Folge von Runde fünf. Dafür erlebt „Z Nation“, weil die Syfy-Serie mittlerweile im Netflix- und Amazon-Katalog aufgenommen wurde, ein Hoch im Streaming. Die Ratings auf diesen Seiten werden immer besser.
„Unsere Show wurde einfach nicht ausreichend beworben“, urteilt Karl Schaefer, „es gab auch kein Merchandising für unser Produkt.“ Was aber lediglich einer der Gründe für das sinkende Interesse gewesen sei. Dass sein Baby eine so harte Geburt erleben musste, hatte womöglich weitere Gründe: Es lag auch am Stellenwert des „Asylum“.
Die Produktionsfirma mit Sitz in Hollywood genießt einen gewissen Ruf. Eigentlich verdient die Geschichte von „The Asylum“ eine eigene Fernsehserie. Die wäre dann eine Komödie. „The Asylum“ gilt als König des Mockbuster: Abwandlungen von Blockbustern, direkt fürs Heimkino produziert. Geliebt von Trash-Fans, gehasst von den Major-Studios, die auch schon mal Plagiats-Klagen gegen den Außenseiter anstrengten.
Die Liste der „Asylum“-Filme kündet von Cleverness und grandioser Unverschämtheit. Wer die folgenden Titel liest, muss die Originale gar nicht mehr erwähnen, sie werden im Kopf automatisch ergänzt – als würden wir fehlerhafte Texte korrigieren. Produziert wurden Perlen wie „Snakes on a Train“, „The Da Vinci Treasure“, „Transmorphers“, „AVH: Alien vs. Hunter“, „I am Omega“, „Atlantic Rim“, das göttlich benannte Werk „Allan Quatermain and the Temple of Skulls“ und die im Grunde geniale Idee namens „Titanic II“.
„Asylum“ produziert „Z Nation“
Die „Asylum“-Leute werben damit, dass jeder ihrer Filme seine Kosten wieder eingespielt hätte. Mit den „Sharknado“-Streifen (in der auch einige „Z Nation“-Charaktere vorkommen) ist eine eigene Reihe gar zu einem Franchise geworden. Ein Platz in der Popkultur ist „Asylum“ sicher: Wer sich auch nur ein kleines bisschen für B-Horror interessiert, hat von „Sharknado“ gehört.
Das häufigste Missverständnis liegt in der Unterstellung, die Filme seien als Parodien gedacht. Das sind sie in der Regel nicht. Parodien können auch gar kein Trash sein. Trash erschafft nur, wer es absolut ernst meint, aber nicht erkennt, wie peinlich sein Film ist. Erhobenen Hauptes, aber blind Richtung Müllhalde marschieren, das ist Trash – nicht augenzwinkernd auf Seite des Zuschauers zu stehen. Heinz Strunk würde sagen, Trash ist für Leute, die für ihren Auftritt mit heiligem Ernst durch den Geisterbahn-Künstlereingang gehen.
„Z Nation“ zählt damit zu deren wenigen cleveren Firmenprodukten: Die Sendung nimmt sich nicht allzu ernst – und damit den Kritikern den Wind aus den Segeln. „Z Nation“ ist kein Trash. Wenn schon, dann Trash-Satire.
Schaefer schien trotzdem nicht darauf vorbereitet, dass die Partner aufgrund ihres Images auch einen Schatten auf „Z Nation“ werfen könnten. „Als es mit uns losging, rezensierten die Leute ‚The Asylum‘, nicht unsere Serie. Aber dies ist kein Mockbuster. Sondern State-of-the-Art-Filmemacherei mit wenig Budget, aber originärer Story.“ Unabhängig davon spricht Schaefer von einer guten Zusammenarbeit, sowohl mit „Asylum“, als auch mit dem Sender Syfy, der regelmäßig wenig an der Serie zu beanstanden habe („Die sind großartig, pro Staffel stecken sie uns höchstens 25 bis 30 Vermerke zu“).
Die erste Staffel war in ihrem Ton noch etwas unentschlossen, das räumt auch Schaefer ein. „Z Nation“ hätte während des holprigen Starts noch als Drama durchgehen können. Erst in Episode drei wurde die Richtung angedeutet, in die sich das Format entwickeln könnte. Die „Liberty Bell“, Freiheitsglocke der Nation, rollt durch die Straßen und macht die Zombies platt.
„Das hatte alles verändert. Die Leute dachten: Moment mal, so etwas machen sie bei ‚Walking Dead‘ nicht!“ Mit einem gigantischen, ebenfalls durch die Gegend rollenden Käseleib, an dem Untote wie Fliegen kleben, setzte Schaefer sogar noch einen drauf. „Wir probieren alles aus, was die andere Serie nicht ausprobiert. Denn das, was sie machen, machen sie eh zu gut – es wäre sinnlos, gegen sie anzutreten.“ Dafür sei „The Walking Dead“ berechenbarer. „Auftritt Negan, und man weiß schon zu Beginn der Folge, dass er am Ende mit dem Baseballschläger jemanden zu Brei schlägt. Darauf wartet man sogar. Bei uns lassen sich keinerlei Vorhersagen treffen.“
Wenige Takes, und die Szenen sind im Kasten
Da die Lacher bei „Z Nation“ überwiegen, ist der Spaß auch am Set spürbar. Es geht ja um Gehirnkekse und Slapstick. „Meine Faustregel lautet: Falls auch nur ansatzweise erahnt werden kann, dass die Crew Spaß am Dreh hat, sie sich außerhalb des sichtbaren Bildrahmens den Arsch ablacht, dann werden auch die Zuschauer drauf abfahren.“
Auftritt Alexander Yellen. Der Regisseur greift zum Megafon, nimmt in seinem Regiestuhl Platz und ruft „Action!“. Zurück auf Anfang. Lt. Warren schleicht also mit gezückter Waffe zu jenem Pool, aus dem das Lithium gewonnen wird, und sucht die Konfrontation mit dem End-Boss, dessen Identität wir nicht spoilern wollen.
Yellen sieht, mit Schirmmütze und Vollbart, wie ein klassischer Filmemacher der Spielberg-Fantasy-Ära aus: wie ein großes Kind, dessen Träume wahr werden. Yellen hat seine Sporen bei „The Asylum“ verdient. Als ROLLING STONE ihn darauf anspricht, dass er als ehemaliger Kameramann von „Titanic II“ zumindest in manchen Kreisen eine Legende ist, muss er lächeln.
Erstaunlich an diesem Drehtag ist, vielleicht auch nur Maßgabe von gering zu haltenden Produktionskosten, dass Aufnahmen nur dann wiederholt werden, falls die Effekte nicht funktionierten oder deren Timing nicht stimmte. Wenn die Stichflamme in der Fabrik nicht richtig zündete oder die Pistole zu spät knallte. Die Darstellungen an sich, wie von Kellita Smiths Warren, werden oft beim ersten Mal schon abgenommen. Keine Frage, „Z Nation“ profitiert davon, dass keine Laien engagiert wurden, sondern wirklich gute Schauspieler.
Es brauchte rund eine Staffel, bis sich die besten dieser Schauspieler in ihren Rollen entfalteten und die „Z Nation“-Kerntruppe um Murphy, „10k“, Doc, „Citizen Z“ (DJ Qualls) und Warren entstand. Kellita Smith spielt den ehemaligen Lieutenant mit Stirnrunzeln, Sarkasmus und Sicherheitshalber-gleich-zuschlagen-Haltung. Smith kann sehr komisch sein, Anfang des Jahrtausends brillierte sie in der „Bernie Mac Show“.
In der Drehpause nimmt Smith auf einem sehr hohen Hollywood-Regiestuhl neben ihrem Wohnwagen Platz, thront einen Meter über dem Reporter. Sie hat, im Freien, Duftkerzen angezündet und verteilt selbstgebackene Plätzchen. Ein Gefühl von Outdoor-Wohnzimmer, das konterkariert wird durch den am Morgen stärker werdenden Verkehrslärm der Autofahrer, nur wenige hundert Meter vom Industriegebiet entfernt.
Smith ist die Hauptdarstellerin der Serie, auf einem Level mit Keith Allans Murphy. Im Zombie-Genre ist Lt. Warren eine ikonische Figur, die sich auch Altvater George A. Romero für seine Chroniken hätte ausdenken können. Weiblich, bewaffnet, in der Mitte ihres Lebens, und sie ist Afro-Amerikanerin – auch in einer Welt ohne Zombies hatte sie also stärker kämpfen müssen als andere.
„Darf‘s ein Keks sein?“, fragt Smith durch die Duftschwaden. Aber gern! Smith nimmt auch einen. „Trump ist ein Zombie, ein lebender Toter. Denn der Mann hat keinen Puls, keinen Funken Leben in sich, wenn es um die Bedürfnisse anderer geht.“ Smith sagt, sie spreche mit ihrer Kritik für jeden am Set. Trump repräsentiere keinen von ihnen. „Unsere Serie bietet nicht nur Entertainment, ist mehr als nur Satire. Sie fordert dazu auf, uns umeinander zu kümmern.“
Smith findet auch, dass „Z Nation“ gerade mit dieser fünften Staffel zu ihrem Kern vorgedrungen ist. Die Zombies und Menschen können miteinander klarkommen. Unterschiede sollten Unterschiede bleiben dürfen. „Nach der Apokalypse“, befindet Smith und hebt zwei Finger in die Höhe um ein Zeichen zu setzen, „muss man Haltung beziehen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder, man setzt sich für Erinnerung und Erhaltung des Gestern ein – oder für das Versprechen einer besseren Zukunft.“