Zanki – Wirbel in Lindenbergs Kielwasser
„Jetzt komm ich!“ singt Edo Zanki, 24, laut Plattenfirma eine große Hoffnung auf dem deutschsprachigen Rock und Pop-Markt. Zankis Auftritt im Vorprogramm von Lake in Manchen vor ein paar Wochen stimmte jedoch auch nachdenklich.
Die Texte zwangen zwar zum Zuhören, erschienen aber dann fragwürdig. Zweifelsohne stand da eine Gruppe routinierter Rock- und Jazz-Musiker auf der Bühne (u.a. Keith Forsey, Percussion; Dave King, Bass; Paul Vincent, Gitarre), die einen geschlossenen Sound produzierten. Aber mich beschlich dennoch das Gefühl des Kalküls. Am nächsten Tag, als ich mich mit Zanki zu einem Interview treffe, sage ich zu ihm: „Es hat mich provoziert, daß du nicht ausdrückst, was du ausdrücken könntest, etwa in diesem banalen Chorus auf „Inseltraum“; „…das ist meine Heimat, da kann ich mein Leben leben, Heimat, da wo mir’s gut geht, Heimat, da wo mich die Menschen mögen, ja da fühl ich mich zu Haus…“.
„Aber gibt es denn nicht so ein Inselgefühl?“, fragt Zanki. „Kein Mensch sagt etwas dagegegen, wenn eine amerikanische Band sehr nationalistisch und stumpfsinning ‚Sweet Home Alabama‘ singt. Aber wenn einer ‚mein liebes Bayernland‘ singt, dann kippen sie von den Stühlen. Das ist unvereinbar. Ich seh all diese Argumente, aber gegen etwas muß ich mich wehren, da ich ein Mensch bin, der etwas reflektiert. Es macht mich wahnsinnig traurig, daß es offensichtlich nicht rübergekommen ist, daß es mir, trotz der ganzen Schwierigkeiten, die wir vor dem Auftritt hatten, Spaß macht, Musik zu machen. Das einzige Kalkül dabei ist, daß ich mir sage, das darf doch nicht wahr sein, da gibt es nur diesen Lindenberg, der eine Riesentür aufgeschlossen hat, den man sich aber ab der dritten LP musikalisch sparen kann. Ich war der größte Lindenberg-Fan, den man sich vorstellen kann. Das Kalkül war die Überlegung, daß es nicht vielleicht sowas gibt wie eine einfach empfundene anständige Popmusik, die zwischen Lindenberg und den Schlagerleuten liegt. Es soll doch mit dem Teufel zugehen, wenn es da nicht möglich ist, deutsch zu phrasieren und zu singen.“ Zanki wurde in Jugoslawien geboren, hat eine, wie er meint, „ganz nette Familie“, die nach Deutschland kam, als er gerade 4 Jahre alt war. Ein Jahr verbrachten sie in einem Lager, drei bis vier Jahre führten sie ein richtiges Underdog-Leben, „die Impression ist sehr nachhaltig“. Mit 14, auf der Handelsschule, begann er intensiv Musik zu machen, wobei er durch seinen Bruder Vilko, der Musik studierte, beeinflußt wurde. Zur Zeit der Soul-Ära brachte er sich das Klavierspielen bei und gründete mit seinem Bruder Bands, nahm ein paar Singles auf, machte die ersten Gehversuche und Erfahrungen im Rundfunk. Mit 16 kam der Erfolgszwang durch einen Plattenvertrag bei Global, wo er deutsche Versionen u.a. von italienischen Songs aufnahm. Ein paar Leute, die ihn anfangs für ganz talentiert hielten, ließen ihn fallen. Bis zu seinem 21. Geburtstag entstanden zwei LPs, und dann trennte sich Zanki von Global: „Das war wohl die Initialzündung für meine seelischen Schwierigkeiten, die dann kamen.“ Eineinhalb Jahre Analyse folgten, da er wegen einer psychosomatischen Kreislaufgeschichte tablettensüchtig geworden war. Er machte keine Musik mehr und half seinem Bruder beim Aufbau einer Discothek. „Dann habe ich die Analyse selbst abgebrochen, weil ich wieder ohne Krücken laufen wollte“ meint er heute.
Wirbel in Lindenbergs Kielwasser
Das ist zwei Jahre her, und seitdem arbeitete Zanki auf sein Album „Jetzt komm ich“ (siehe auch Longplayers) hin. „Mit einem selbstproduzierten Demoband unterm Arm habe ich die Plattenfirmen abgeklappert und mir dabei Gedanken gemacht, wie funktioniert dieses Geschäft eigentlich, Plattenfirma, Musikverlag, etc. Da ich keine Ahnung hatte, fühlte ich mich immer völlig ausgeliefert. Über dieses Business, das ich hasse, mußte ich Bescheid wissen. Seit ich durchblicke, stört es mich nicht so sehr. Die Firma, die ich gefunden habe, ist so gut wie alle anderen auch, außer, daß da ein paar Leute sind, die mich mögen. Ich kann frei produzieren, was immer ich will, mit wem und wo immer ich will, solange es sich im Rahmen des ausgehandelten Kostenrahmens bewegt. Das ist die Möglichkeit, kreativ voranzukommen ohne Reglementierung.“
„Die Texte stammen allerdings nicht von dir, sondern von Uli Probst?“, fragte ich Zanki. „Ja, ich habe mir gesagt, deutsche Texte, das kann ich, ich weiß es, und ich habe mich mit Uli zusammengesetzt. Zwischen uns gibt es gar keine Diskussion darüber, daß wir noch nicht das Gelbe vom Ei gefunden haben, ich lasse mich auch gerne kritisieren. Leute wie James Taylor oder Paul Simon und wen es da noch an wunderbaren Sängern gibt, hätten in Deutschland keine müde Mark verdienen können zu der Zeit, wo sie sich noch entwickelt haben. Da hätte sie sofort irgendein Typ fertig gemacht. Die hören mich an und sagen: Zanki, sei mir nicht böse, aber James Taylor oder Stevie Wonder sind besser. Da sagen sie mir nichts Neues, das ist doch klar. Ich sage ja nur, gebt mir die Chance, noch ein paar Jahre zu arbeiten, ohne mich immer gleich fertig zu machen. Freut euch, daß auf der LP 3 1/2 Stücke drauf sind. Ich will euch beweisen, daß es vielleicht möglich ist, die musikalische und textliche Aussage von mir besser einzubringen, als es bisher der Fall gewesen ist. Vielleicht gelingt es mir in einer gewissen Zeitspanne, sowas wie eine Eigenart zu erkennen und hörbar zu machen.“
Wie sieht Zanki die deutsche Musikszene?
„Ich halte vom deutschen Musikgeschäft, mit Ausnahme /on zwei oder drei Leuten, nichts. Das sind textlich wie musikalisch alles große Stümper. Für mich ist es kein Kompliment, wenn jemand sagt, ja für Deutschland ist das ganz gut. Wenn ein Typ in den Laden geht, und er hat die Wahl zwischen der neuen James Taylor-LP und meiner, dann ist es keine Frage, wenn er ein bißchen Geschmack hat, welche er kauft. Ich versuche mich dadurch nicht abzuwerten, sondern ich sage: verdammt, ich bin kein Genie! Es gibt noch nicht die Texter, es gibt noch nicht die Songs! Nenne mir einen guten Texter! Ist es also fair, daß man jemanden in den Sack haut, nur weil er eben genau wie die anderen das auch nocn nicht im Griff hat? Aber vielleicht merkt man, daß er sich im Gegensatz zu den anderen bemüht, denen das, so wie es ist, ganz recht ist.