Zurück aus der Gruft: Duran Duran geben Nachhilfestunde in Nostalgie
NEW YORK. Ihre clever-klebrigen Pophiis der frühen 80er Jahre waren für Rockfans, was ausgespucktes Kaugummi für die Schuhsohlen ist: ein momentanes Ärgernis, ohne das Fortkommen wesentlich zu beeinträchtigen. Eine Band ohne Substanz, aber mit gutem Haarschnitt — so jedenfalls verspotteten Kritiker die „videogenetischen“ MTV-Matadore der ersten Stunde.
Als um I985 herum die Hits ausblieben und die Bandmitglieder sich in erfolglose Solokarrieren flüchteten (Andy Taylor) oder neue Bands gründeten (Power Station und Arcadia), traf man sich schnell wieder in der Gruft der ausgemusterten Pop-Gölter. Sänger Simon LeBon. Nick Rhodes (Keyboards) und Bassist John Taylor jedoch gaben nicht auf. Mit dem Voll-Flop „Liberty“ (1990) hämmerte sich die Band zwar endgültig die Sargnägel in die Karriere, doch der Überlebenswille (oder das schwindsüchtige Bankkonto) waren stärker: Der jüngste Hit „Ordinary World“, der klingt wie eine verbeulte Moody Blues-Ballade, schaffte es gar, das „Academy“ gleich zweimal an einem Abend auszuverkaufen.
Und so steht Leadsänger LeBon im bunten Flatterhemd vor dem Mikro und beweist wie eh und je mit schwächlicher Stimme, daß Duran Duran noch immer ihrem Ruf gerecht wird; Der Haarschnitt ist perfekt, ebenso die Garderobe.
Talent? Danach verlangt das Publikum gar nicht erst, aber her mit den alten Dauerbrennern wie „Planet Earth“, „Rio“. „Notorious“ oder „Hungry Like The Wolf“. Während die Band ihre musikalischen Altlasten wie eine superelastische Strumpfhose bis zum Bersten ausdehnt, fällt es nicht weiter ins Gewicht, wie saftlos Bassist John Taylor und der neue Gitarrist. Warren Cuccurullo (Ex-Missing Person), klingen. Oder daß die drei Streicher oft im Soundmix völlig versinken.
Gerade mal eine Stunde dauert die Nachhilfestunde in Nostalgie, den das doppelte D mit Songs von dem aktuellen (neunten, und zum zweiten Mal selbstbetitelten) Album auffrischt. Dabei liefert die Band zwischenzeitlich durchaus Solides: Etwa wenn LeBon, nur von einer Akustikgitarre begleitet, den Doors-Klassiker „Crystal Ship“ singt, oder wenn man als Zugabe Iggy Pops selbstironischen Songs „Success“ wählt — ein Lied über einen dummen Rockstar, der endlich doch noch berühmt wird.
Das war witzig, Jungs, aber jetzt ab in die Limo und zurück in die Pop-Gruft.