Neu und gut: Weaves
In den Indiesongs von Weaves aus Kanada stecken immer mindestens zehn verschiedene Ideen und die wilde Energie einer Barrauferei.
This is just the beginning of what I wanna say“, schnauzt Jasmyn Burke in „Tick“. Es ist die erste Zeile des nach ihrer Band benannten Debütalbums. Eine ordentliche Ansage. Platz da, da kommt noch mehr! Erst mal munteres Sinnieren über tickende Uhren – die biologischen und überhaupt. Dann: Love und Furor, Feminismus und Alltagsscheiß. Erst mal genießt Burke aber zu Hause in Toronto noch ein wenig die Ruhe, bevor es im Juni auf Tour gehen soll. An diesem Morgen gibt es Reiswaffeln mit Erdnussbutter und Tee, „damit ich am Telefon keine heisere Frühmorgenstimme habe“. Hat sie dann aber trotzdem, wenn auch eine sehr charmante.
Apropos Erdnussbutter: Das ist eine der vielen Leidenschaften (das, was man früher Hobbys nannte und heute Projekte), denen die Bandmitglieder inmitten der bunt gemischten DIY-Szene von Toronto nachgehen. Gitarrist Morgan Waters, mit dem Jasmyn das Quartett 2013 gründete, produziert seine eigene Comedy-Webserie. Jasmyn hat sich auf schräge Art-Shows und hausgemachte Erdnussbutter verlegt. Wie das alles beim Musikmachen hilft? „Ich bin ein totaler Selbstmacher. Das gilt fürs Essen wie für die Musik.“ Und die ist randvoll mit Ideen und Färbungen aus allen möglichen Bereichen der Popmusik, mit ausgelassener, kribbeliger Energie und schöner Eigensinnigkeit. Sie würden Pop-Stilfiguren verbiegen wie Knetmasse, schrieb der amerikanische „Rolling Stone“ einmal. Und das trifft es ganz gut: Man hört den Songs die schiere Lust an, jede einzelne Idee auszuprobieren, die der Band durch den Kopf rast. Die Indiesongs sind angefüllt mit Post-Punk-Gitarren (manchmal so verzerrt, dass sie wie Zithern klingen), Surf-Jinglejangle, rotzigem 90er-Rock, R’n’B-Bässen und Kirchenorgeln – und dabei immer ungemein melodiös. „Wir wissen nie, wie der nächste Song klingen wird“, sagt Jasmyn. Als gleichberechtigte Vorbilder für ihren Gesang nennt sie Aaliyah und Siouxsie Sioux, und sie traut sich mit ihrer Band auch schon mal an ein One-Direction-Cover. „Das mag wie eine seltsame Wahl wirken, aber wir sind besessen von Popsongs mit starken Hooks.“ Den schönsten und stärksten Ausdruck findet das alles in „One More“: „Watch out, ’cause I’m talking to you“, singbrüllt Jasmyn dort im Refrain, und nun am Telefon sagt sie mit ihrer kleinlauten, aber bestimmten Frühmorgenstimme: „Ich glaube, wir brauchen viel mehr Frauenstimmen in der Musik.“ Es wird noch viel zu sagen geben.
Klingt wie: Pixies, Yeah Yeah Yeahs, Pavement, tUnE-yArDs