Alanis Morissette: Rock im Park, Nürnberg


EINE LÄCHERLICHE MARK FÜNFZIG. FÜR JEDEN ACT, DER an den drei „Rock im Park“-Tagen eine Bühne betrat, hatte man als nasser Zuschauer 1,50 DM bezahlt. Das rechnet der Veranstalter vor, und meistens ist das Grund für eine La Ola. Metallica für diesen Preis? Klasse. Lauryn Hill und Faithless, die waren locker zwei Mark, wenn nicht mehr wert. Natürlich ist nicht alles billig, was fast nichts kostet, die Absage der Manie Street Preachers läßt sich nicht so einfach wettmachen. Schon gleich nicht mit der deutschen Version des Off-Broadway Musicals „Rent“ -30 Pfennig, maximal. Trotz Regensauerei“Rock im Park“ ist zu einem Luxus Open-air geworden. Ein Kino- und drei Discozelte, Supermarkt, ÄktschnÄreas, Freibad und SolarL.halt. Kein Solarium,dafür Bootsverleih und Hairstylist. Und Alanis Morissette beim ersten Deutschland-Konzert ihrer „Supposed Former Infatuation Junkie“-Tour. Als Headliner am Samstag war das keine leichte Aufgabe. Das volle Frankenstadion war nach einem einstündigen Skunk Anansie-Höhepunkt wundgehört – nicht gerade die beste Voraussetzung, um ein kompliziertes Album zu präsentieren. Verständlich also, daß ein Indien-beeinflußtes „Baba“ als Opener das sonst ekstatische Publikum schlagartig in ein höflich applaudierendes verwandelte, ein Zustand, aus dem es nur bei gelegentlichen Tracks vom Debüt-Album „Jagged Little Pill“ Erwachen gab. Die neuen Texte der Kanadierin sind persönlich, und persönlich ist sie offenbar schwierig. Im Wohnzimmer ist es vielleicht möglich, sich auf Morissettes Psychosen und „cosmic tears“ einzulassen, im Stadion dagegen überforderten Songs wie „Sympathetic Character“ und „So Pure“ die reizüberfluteten Zigtausend. So hing alles davon ab, welches Maß an Identifikation die Songs erlaubten. Sang Alanis in „Would Not Come“ elektrisiert von den Frustrationen auf dem mystischen Weg der Selbstfindung, zogen die Zuhörer ratlos den Kopf ein. Das änderte sich, als ihnen plötzlich doch Möglichkeit gegeben wurde, mitzufühlen: Jeder hat schon mal die Hände in den Hostentaschen gehabt, die meisten sogar just in dem Moment, als das Mundharmonika-Intro von „Hand In My Pocket“ ertönte und ein kleines Begeisterungsstürmchen auslöste. Muß nicht immer so sein. Im August jedenfalls beginnt Alanis eine US-Konzertsaaltour mit Tori Arnos, ein Rahmen, der ihr beim gegebenen Songmaterial wohl eher gerecht wird.