Angel Haze, Bombay Bicycle Club, Judith Holofernes – die Platten der Woche vom 07. Februar 2014


Diese Woche erscheinen unter anderem die Alben DIRTY GOLD von Angel Haze, SO LONG, SEE YOU TOMORROW von Bombay Bicycle Club und EIN LEICHTES SCHWERT von Judith Holofernes. Alle weiteren Neuheiten findet Ihr im Text und in der Galerie.


Album der Woche: Angel Haze – DIRTY GOLD

Das vielleicht wichtigste über ihr Album weiß man schon, bevor man es gehört hat: Ungeachtet von Major-Plattenvertrag und Pop-Appeal, auf den ihre Musik ja trotz des rauen Charmes abzielt, versteht es Angel Haze, das Reizvolle an ihrer Kunst mit wunderbar gekonnten Mittelfinger-Aktionen immer wieder auf den Punkt zu bringen. Die alte HipHop-Formel „I don’t give a fuck“ – sie ist ganz wörtlich zu nehmen bei einer 22-jährigen Newcomerin, die aus Frust über Label-Politik ihr Debütalbum einfach Monate vor dem geplanten Release selbst per SoundCloud- Upload leakt.

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Bombay Bicycle Club – SO LONG, SEE YOU TOMORROW

Botschaften aus Bombay waren bei dieser Band bislang nicht zu vernehmen. Es gab in ihrer Musik keinen Hinweis, der darauf schließen ließ, dass Indie-Rock mit Klängen aus anderen Kulturkreisen verbunden werden soll (obwohl dieser Gedanke bei Musikern aus London nicht abwegig ist). Aber nun ist es geschehen. Nun schleicht sich zum ersten Mal Internationalität in das Werk des Clubs ein.

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Judith Holofernes – EIN LEICHTES SCHWERT

Es ist wohl nicht fair, Judith Holofernes erstes Solo-Album auf biografische Hintergründe abzuklopfen. Es ist aber wohl auch unvermeidlich. Zu offensichtlich war schon zu den Zeiten, als sie noch die Frontfrau der gerade pausierenden Wir sind Helden war, wie sie ihr Privatleben in ihren Texten verarbeitete. Nun, mit EIN LEICHTES SCHWERT, beendet sie ein wenig überraschend die Auszeit, die sie sich Anfang 2012 genommen hatte, und offenbart, wie das mit der großen Liebe weitergeht, selbst wenn man sie mit dem Schlagzeuger der eigenen Rockband findet: mit Kindern nämlich, mit Beziehungsarbeit und ganz viel Alltag.

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Against Me! – TRANSGENDER DYSPHORIA BLUES

Vor dreieinhalb Jahren veröffentlichte der ganzkörpertätowierte Ex-Skater Tom Gabel WHITE CROSSES, das fünfte Album seiner Band Against Me!. Das erreichte Platz 34 der Billboard-Charts und Gabel wurde von seinem (Major-)Label als Retter des US-Punkrock vermarktet. Eine Rolle, mit der sich der (damals noch) Mann aus Florida hoffnungslos überfordert fühlte, die anschließende Tournee absagte, längere Zeit abtauchte und sich dann – im Jahr 2012 – als transsexuell outete.

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Breton – WAR ROOM STORIES

Nun also Berlin: Nachdem Bretons Klanglabor in London der Gentrifizierung zum Opfer fiel, wählten die Multimediakünstler die deutsche Hauptstadt, um ihr zweites Album WAR ROOM STORIES aufzunehmen. Von der Ästhetik Berlins hatte sich das Quintett schon auf dem Debütalbum OTHERS PEOPLE’S PROBLEMS angezogen gefühlt: Auf dem Cover sah man die schimmernde Tristesse einer Plattenbausiedlung.

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The Go Find – BRAND NEW LOVE

Der Belgier Dieter Sermeus alias The Go Find versteht sich auf Reduktion – auch wenn seine Musik alles andere als minimalistisch klingt. Zunächst wirkt BRAND NEW LOVE nämlich simpel und harmlos, manchmal sogar beliebig. Dieser erste Eindruck führt jedoch in die Irre. Seine cleveren Hooks schiebt Sermeus dem Hörer so diskret durch die Hintertür ins Ohr, dass man ihren Popappeal nur langsam entdeckt. Und ehe man sich versieht, entwickeln die subtil euphorisierenden Songs ein Eigenleben, und schießen einem ganz unerwartet durch Bewusstsein.

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Neil Finn – DIZZY HEIGHTS

Wenn man über diesen Mann spricht, muss man auf eine Reaktion gefasst sein, die in etwa so geht: „Na ja, der ist als Songschreiber ja ganz gut und eine Platte von Crowded House muss bei mir auch irgendwo herumliegen. Aber muss ich mehr von dem haben?“ Keine Frage: Neil Finn ist ein unterschätzter Künstler, der selten etwas tut, was aus dem Rahmen fällt.

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Hobocombo – MOONDOG MASK

Nein, das ist jetzt nicht die offizielle Moondog-Coverband, die die archaischen Kompositionen des New Yorker Wikingers unter Aufbringung aktueller Studiotechniken von der Straße in die digital vernetzten Ströme unserer Musikrezeption speist. Dem aus Moondog- Neuinterpretationen zusammengesetzten Debütalbum der Italiener, NOW THAT IT’S THE OPPOSITE, IT’S TWICE UPON A TIME (2011), hätte man noch einen Hang zum Heldentheater unterstellen dürfen.

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Anthony Joseph – TIME

Anthony Joseph zählt zu den faszinierendsten Autoren seiner Generation. Der 1966 in Port Of Spain in Trinidad geborene Künstler hat sich nicht nur als Musiker, sondern auch als Dichter und Autor einen Namen gemacht. Vor Kurzem beendete er zum Beispiel eine Biografie über die Calypso-Legende Lord Kitchener, auf deren Basis die BBC im laufenden Jahr eine Dokumentation drehen wird. Aber auch auf musikalischem Gebiet ist Joseph im Moment wieder sehr aktiv und präsentiert sein fünftes Album, TIME, eine Gemeinschaftsproduktion mit der Bassistin Meshell Ndegeocello.

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Xiu Xiu – ANGEL GUTS: RED CLASSROOM

Jetzt wäre Jamie Stewart also doch noch beim Dark Wave oder bei der Electronic Body Music angekommen. Er steigt über die Leichen der alten Musik, um die Abgründe der Elektronik zu entdecken. Mit Xiu Xiu steht Stewart heute als elektro- nischer Todesbote vor der Tür, die Welt da drinnen, will uns der Sänger und Songwriter sagen, ist voller Gewalt und Lügen, Bitterkeit und Betrug. Klang Stewarts Stimme früher eher wie die eines Opernsängers, dem man während des Vortrags die Kehle durchzuschneiden versucht, bleibt ihm auf ANGEL GUTS: RED CLASSROOM der Gesang schon mal in derselben stecken.

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