Bruce Springsteen – München, Olympiahalle
Der Boß als Einzeltäter: Auf seiner "Devils & Dust"-Tour gibt Springsteen den einsamen Storyteller.
Einer allein gegen Achttausend. Und das in einer riesigen Mehrzweckhalle. Zwei ziemlich zähe Stunden hätten das werden können – stattdessen sind es 150 kurzweilige Minuten. Dabei ist das hier nichts für Stadionrocker. Denn gerockt wird kaum, wenig nur gelacht, vielmehr vor allem zugehört. So läßt der Meister gleich zu Beginn wissen: „Ich brauche Ruhe, um euch mein Bestes zu geben. Für den Opener Into The Fire“ hockt er hinter seinem Harmonium, mit den Füßen Luft in das altertümliche Gerät pumpend, und wehklagt die pastorale Meditation über den 11. September. Streng und getragen – aber leichtfüßig gegen das, was folgt. Nur mit einer Harp steht er jetzt da, eine düstere Silhouette im fahlen Gegenlicht. Langsam stampft die geduckte Gestalt mit dem Fuß einen schwerfälligen Rhythmus. Zwischen die jaulenden Harptöne spuckt sie, beinahe unverständlich, die Zeilen von „Reason To Believe“. Halb Dickenssche Romanfigur, halb abgerissener Blues-Hobo. Gruselig. Nein, auf der glamourösen E Street sind wir nicht, eher gestrandet in finsterer Nacht irgendwo am Highway 31. Als einer mitten in „Devils & Dust“ lauthals .“Bruuuce“ grölt, quittiert das der Angesprochene spöttisch: „Ich brauch ’s nicht wirklich, doß mich mitten im Song einer an meinem Namen erinnert.“ Danach ist Ruhe. Unter Lüstern präsentiert Springsteen ein Programm aus dürren Folksongs, gegen den Strich gebürsteten Pianoballaden und Unerwartetem wie dem von den US-Punks Suicide stammenden „Dream Baby Dream“. 25 Songs werden es im Laufe des Abends, neun allein vom neuen Devils & Dust-Album, drei von Nebraska, kaum aber Klassiker des sonst üblichen Bühnenrepertoires. Einzig „The River“ kommt als introvertierte Lesung am Konzertflügel zu Ehren. Überhaupt, erstaunlich, aus wie vielen musikalischen Töpfen der Einzeltäter da vorn schöpft. Mal macht er sich am Flügel, mal am E-Piano (das er, wie er grinsend erklärt, bei Ebay erstanden haben will), mal am Pump Organ, mal an der Gitarre zu schaffen. Von zartesten, fast geflüsterten Intimitäten wie „Point Blank“ oder „Matamoros Banks“ und Partystompern wie dem vitalen „Marias Bed“ reicht die Palette bis zur schrill tönenden Rockabilly-Hall-Orgie von „State Trooper“, zelebriert auf einer uralten Gretsch-Gitarre. Springsteens bis in den letzten Winkel der Arena reichende Präsenz tut ein Übriges. Zum langen Abschied reicht er der treuen Gemeinde dann doch noch, worauf sie wartet: ein bißchen Party mit „Ramrod inklusive launiger Schuhplattlereinlage, eine furiose Version von „Bobby Jean“ und als Rausschmeißer, neben „Dream Baby Dream“, eine Dosis Seelenheil: „Land Of Hope And Dreams und „Promised Land.
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