Cake
WANDERER, KOMMST DU NACH HOLLYWOOD UND WILLST DIR IM ALTEHRWÜRDIGEN Palladium ein Konzert anschauen, beachte folgende Dinge: Keine Zigaretten (okay, wir sind in Kalifornien), keine Feuerzeuge und – Überraschung! – auch Kugelschreiber werden von den Security-Beratern einbehalten. Auf die Packung Kippen verzichtet man murrend, doch wie, bitte, soll man ein Konzert rezensieren, wenn man sich keine Notizen machen kann? Ohne Stift, dafür mit einer Tonne Wut im Bauch betritt man den Konzertsaal. Dann aber geht die Sonne auf. Cake sind der Anlaß für den ganzen Unsinn, und – oh ja – der Unsinn ist es wert. Die fünf aus Sacramento bieten eine sowas von unspektakuläre, doch auf den Punkt gebrachte Show, daß einem der Mund offen stehen bleibt. Der charismatische Cake-Vorstand John McCrea braucht ganze drei Gesten, um den 2.500-Menschen-Kessel zum Wippen zu bringen. Seine vier Bandkollegen – allen voran Vince Di Fiore an der tragischen Trompete – halten sich im Hintergrund, wirken aber doch omnipräsent. McCrea, dem man ohne Bauchschmerzen seinen albernen Anglerhut verzeiht, spricht kaum, wenn doch, kommt’s gewohnt lakonisch über seine Lippen: „Wir wissen, daß ihr in LA. wenig Konzerte zur Auswahl habt; Danke, daß ihr trotzdem heute Abend bei uns zuhört.“ Die Auswahl der Geschichten erstreckt sich über alle drei Alben der Band. Scheinbar willkürlich aneinandergereiht werden „normale“ Songs zu Hits, die Hit-Singles „The Distance“, „I Will Survive“ oder „Never There“ zu primi inter pares. Fest steht: Cake sind fantastisch. Diese Band steht auf der Bühne wie ein ehrlicher Fels in der arroganten Brandung all jener Combos, die ernsthaft glauben, das Publikum brauchte sie, die Bands. Wie dämlich. Die Bands brauchen das Publikum. Cake haben ihres. Und sie haben es sich verdient. Sensationelles Konzert. Wo sind meine Zigaretten?